Der frühere Ehemann kam nicht zu Wort
Zeitung beschränkt sich auf die Angaben der kranken Ex-Ehefrau
Eine Wochenzeitung berichtet über eine Frau mit Asperger-Syndrom. Sie habe jahrelang ein Doppelleben als Mutter von vier Kindern in einem Reihenhaus in Brühl bei Köln geführt, dann aber entschieden, ihre Familie zu verlassen und künftig mit ihrer Freundin zusammenzuleben. Die Diagnose Asperger-Syndrom bezeichnet sie dem Autor gegenüber als das Beste, was ihr in ihrem Leben passiert sei. Grund für diese Behauptung: Sie komme sich seit dieser Erkenntnis nicht mehr vor wie in einer fremden Welt, ohne zu wissen, warum. Der Artikel beschreibt auch die ehelichen Konflikte und die Probleme der Kinder seit der Trennung von der Mutter. Über den Ex-Ehemann heißt es im Beitrag, er sei Versicherungsmathematiker. Die Frau wird mit ihrem vollen Namen genannt. Beschwerdeführer ist der Ex-Ehemann. Er hält diese Art der Berichterstattung für einen Verstoß gegen die Ziffern 2 und 8 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht bzw. Persönlichkeitsrechte). Die Zeitung habe personenbezogene Daten von ihm veröffentlicht, nämlich seinen früheren Wohnort Brühl und seinen Beruf als Versicherungsmathematiker. Beide Angaben seien für das eigentliche Thema des Berichtes irrelevant. Durch sie habe die Zeitung ihn jedoch eindeutig identifizierbar gemacht. Er gehöre – so der Beschwerdeführer weiter – seit geraumer Zeit der Führungsebene einer großen Versicherung an. Davor sei er dreizehn Jahre lang als Berater und Projektleiter in einem Software- und Beratungshaus beschäftigt gewesen, das ausschließlich in der Versicherungswirtschaft tätig sei. Darüber hinaus arbeite er in Arbeitskreisen und Ausschüssen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft mit. Mehrere hundert Menschen in seinem beruflichen Umfeld wüssten, um wen es gehe, wenn die Zeitung den „Versicherungsmathematiker …“ (hier steht der Familienname) nennt. Einen Verstoß gegen die Ziffer 2 sieht der Beschwerdeführer darin, dass die Zeitung einige angebliche Zitate bzw. Dialoge von ihm in wörtlicher Rede wiedergebe, obwohl niemand aus der Redaktion mit ihm gesprochen habe. Der Beschwerdeführer erwartet, dass die Zeitung seine personenbezogenen Daten und die Zitate bzw. Dialoge aus dem Netz löscht. Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Ziffer 8, hier vor allem Richtlinie 8.4 des Pressekodex, schütze das Persönlichkeitsrecht der von einer Berichterstattung betroffenen Familienmitglieder. Es sei jedoch gegen die Pressefreiheit und das öffentliche Informationsinteresse abzuwägen. Sobald letzteres überwiege, sei eine Berichterstattung zulässig, so wie in diesem Fall. Es sei vom Persönlichkeitsrecht der geschiedenen Ehefrau gedeckt, einer Zeitung ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Dass der Artikel auch Angaben zu ihren Mitmenschen mache, sei nahezu unvermeidlich. Auch dass der Ex-Ehemann, der in vielfältiger Weise eine Rolle im öffentlichen Leben spiele, durch eine einfache Internet-Recherche identifizierbar sei, liege auf der Hand. Die Identifizierbarkeit des Ex-Ehemanns ergebe sich schon aus dem Umstand, dass die interviewte Ehefrau auf der Nennung ihres Namens bestanden habe. Sie habe Zitate und Dialoge aus Gesprächen mit ihrem früheren Ehemann in das Interview mit einfließen lassen. Dadurch seien presseethische Grundsätze nicht verletzt worden.