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Begründbarer Sachbezug liegt nicht vor

Flüchtling bzw. Asylbewerber unter dem Verdacht der Vergewaltigung

„Verdächtiger verhaftet – er ist erst 15!“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Bericht über die Festnahme des letzten von vier Verdächtigen, denen die Vergewaltigung von zwei Mädchen vorgeworfen wird. Der erste Satz im Bericht lautet: „Jetzt haben sie alle Täter.“ Die Zeitung schreibt, dass es sich bei den Festgenommenen um einen anerkannten 21-jährigen Flüchtling, seinen 15-jährigen Bruder, der Asyl beantragt habe, und um zwei 14-Jährige handele, die in den Niederlanden und in der Schweiz lebten. Ein Leser der Zeitung sieht in der Bezeichnung der Festgenommenen als „Täter“ eine Vorverurteilung. Der Presserat erweitert die Beschwerde auf Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung). Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf zurück, gegen presseethische Grundsätze verstoßen zu haben. Nationalitäten und Aufenthaltsstatus der mutmaßlichen Vergewaltiger seien im Fließtext sachlich-neutral erwähnt worden. Der Justiziar hält es sogar für geboten, die Nationalität zu erwähnen. Es gehöre zur Aufgabe der Medien, die Bevölkerung umfassend zu informieren.