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Trans-Gesetz teilweise falsch dargestellt

Mangelnde Sorgfalt, aber keine Diskriminierung von Transpersonen durch Magazinartikel

In einem Online-Beitrag über das geplante Selbstbestimmungsgesetz für Transpersonen kritisiert ein politisches Monatsmagazin die „Transsexuellen-Lobby“ und wirft öffentlich-rechtlichen Sendern vor, sich „zum Partner und Exekutivorgan dieser hochaggressiv bis militant agierenden Lobby gemacht“ zu haben. Die Sender würden Kritiker der Lobby diskreditieren und versuchen, sie zum Schweigen zu bringen. In einer Passage heißt es, Frauen wollten Frauen bleiben und „sich auch künftig nicht vorschreiben lassen, mit wem sie intim zu werden haben“. Dieses „Nein heißt Nein“ solle laut dem neuen Gesetz ausdrücklich nicht für Transpersonen gelten. - Der Beschwerdeführer kritisiert, der Beitrag verletze die Pressekodex-Ziffern 1 (Menschenwürde), 2 (Sorgfaltspflicht) und 12 (Diskriminierungen). Der Artikel deklariere Transfrauen nicht als Frauen und hetze damit Frauen, die als solche geboren wurden, gegen Transfrauen auf. Dies sei eine Diskriminierung und ein Angriff auf die Würde von Transfrauen. Der Autor kreiere ein pauschales negatives Bild der Transgemeinschaft. Er arbeite mit übertriebenen Unterstellungen, ohne diese zu beweisen. Mit falschen Fakten schüre er Angst und Hass. Mit der Unterstellung, dass Transfrauen keine Frauen seien, entziehe er ihnen faktisch das Existenzrecht. Die Kritikerinnen der Transbewegung würden als Opfer dargestellt, obwohl sie selbst transphob agierten und damit transidente Menschen verletzten. Die Behauptung, dass sich Transpersonen künftig über ein „Nein“ hinwegsetzen könnten und wollten, sei eine Unterstellung gegenüber der aktivistisch tätigen Trans-Community und stehe auch nicht im Gesetzentwurf. - Der Chefredakteur entgegnet, es sei nicht Aufgabe der Redaktion, Transfrauen als Frauen zu deklarieren. Diese Unterlassung bedeute keine Hetze. Auch ansonsten gebe es nicht den geringsten Beweis für Hetze, denn der Artikel schildere nur Tatsachen. Die Frage, ob jede Person, die sich selbst zur Transfrau deklariere, damit vom Rest der Gesellschaft umstandslos als Frau behandelt werden müsse, gehöre zu den umstrittensten aktuellen Themen. Beim Beschwerdeführer handele es sich um einen bekannten Transgender-Lobbyisten. Er gehe auf Personen und Einrichtungen los, die sich weigerten, dem Mantra „Transfrauen sind Frauen“ zu folgen, insbesondere auf Feministinnen. Der Artikel belege detailliert den inakzeptablen Umgang unter anderem des Rundfunks Berlin-Brandenburg und des ZDF mit Kritikerinnen der Gesetzespläne und der Trans-Lobby. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, weil der Artikel gegen die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verstößt. Ausschlaggebend dafür ist die Passage zum Thema „Nein heißt Nein“. Damit stellt die Redaktion eine falsche Tatsachenbehauptung über Transsexuelle auf. Sie liefert keine Belege dafür, dass transsexuelle Menschen den Grundsatz der Einvernehmlichkeit von sexuellen Handlungen missachten würden. Eine Diskriminierung nach Kodex-Ziffer 12 liegt dagegen nicht vor. Zwar vertritt der Autor eine extreme Meinung mit Schwerpunkt auf der biologischen Sichtweise der Geschlechter. Diese Meinung bewegt sich aber noch im Spektrum des öffentlichen Diskurses. Die dem Artikel zugrunde liegenden Tatsachenanknüpfungspunkte kann man so interpretieren wie die Redaktion, man muss es aber nicht. Allein auf der Basis dieser extremeren Meinung kann der Ausschuss keine grundsätzliche Diskriminierung von transsexuellen Menschen erkennen.