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„Die Schlagzeile führt in die Irre“

Verlag gesteht ein: „Die Überschrift mag ungenau gewesen sein"

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Experten sicher: RKI-Zahlen stimmen nicht - Es sterben weniger Menschen, als täglich gemeldet wird“. Im Beitrag selbst wird dann die Frage gestellt, wie es sein könne, dass zwar die Corona-Infektionszahlen sinken, die Todeszahlen aber erschreckend hochblieben. Ein Experte wird zitiert, demzufolge Todesfall-Meldungen das RKI erst mit im Schnitt drei Wochen Verspätung erreichten. Er schätze, dass täglich rund 400 infizierte Menschen sterben. Ein Leser der Zeitung sieht Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 14 (Medizin-Berichterstattung). In Zeiten von Fakenews und Corona-Leugnern sei die Schlagzeile irreführend. Sie bestätige Querdenker in ihrer Radikalität. Die Schlagzeile sei komplett falsch, weil exakt so viele Menschen stürben, wie gemeldet würden. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, die kritisierte Überschrift sei nicht falsch, sondern allenfalls missverständlich. Diese sei auch nicht “irreführend“, wie der Beschwerdeführer meine. Hätte das Medium getitelt „Tatsächlich sterben heute weniger Menschen als gemeldet“, wäre den Lesern der Aspekt der dreiwöchigen Verzögerung zwischen dem Tod der Menschen und der RKI-Meldung vielleicht klarer geworden. Die beanstandete Überschrift möge also ungenau gewesen sein – unzutreffend im Sinne des Sorgfaltsgebotes sei sie aber nicht.