Entscheidungen finden

Gegen Opfer- und Täterschutz verstoßen

Boulevardzeitungen berichten identifizierend über ein Verbrechen

Zwei Boulevardzeitungen aus einem Verlag berichten online und gedruckt über einen erweiterten Suizid. Die Online-Version titelt: „Der Soldat, der seine Familie in (…) auslöschte. Daniel K. ließ nur die Hunde leben“. Im Bericht geht es um einen Familienvater, der seine Familie – die Ehefrau, die beiden Töchter und die Schwiegermutter – erstochen und sich dann selbst umgebracht habe. Vorher habe er noch Feuer im Haus gelegt. Bebildert ist der Artikel mit Fotos von Daniel K., dessen Ehefrau und einer Tochter, deren Hinterkopf gezeigt wird. Auch die gedruckte Zeitung zeigt das Bild des mutmaßlichen Täters und berichtet unter der Schlagzeile „Soldat tötet ganze Familie“. Sie veröffentlicht auch weitere identifizierende Fotos der Betroffenen. Als Fotoquelle wird jeweils „privat“ angegeben. Das Bild der Außenansicht des Hauses, in dem der erweitert e Suizid geschah, ist von einer Nachrichtenagentur übernommen worden. In einem zweiten Artikel unter der Überschrift „Die heile Welt war nur eine Fassade“ zeigt die Zeitung ein Foto des Ehepaares, das die Redaktion einem privaten Facebook-Account des mutmaßlichen Täters entnommen hat. Ein weiteres Foto zeigt das Ehepaar mit einem seiner Schäferhunde. Schließlich veröffentlicht die Redaktion ein Foto des abgesperrten Tatorts, als gerade ein Sarg durch ein Fenster gehoben wird. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Berichterstattung. Sie stören sich vor allem an der Veröffentlichung von unverfremdeten Bildern der Beteiligten. Besonders kritisch sehen einige die Veröffentlichung von unverfremdeten Kinderbildern. Diese Bilder seien vom Facebook-Account eines der Beteiligten heruntergeladen worden. Das Justitiariat des Verlags, stellt sich auf den Standpunkt, dass die Fotos ausschließlich von öffentlich zugänglichen Webseiten stammten und dort bis heute von jedermann angeschaut werden könnten. Es vertritt die Auffassung, dass presse ethische Grundsätze mit diesen Veröffentlichungen nicht verletzt worden seien. In diesem Fall seien auch keine Angehörigen vorhanden, deren Zustimmung zur Veröffentlichung man habe einholen können.