Sexuellen Missbrauch unnötig detailliert geschildet
Zeitung berichtet unangemessen sensationell über Strafprozess
Eine Lokalzeitung berichtet über einen Strafprozess gegen einen 70-Jährigen, der eine Zehnjährige und eine Vierzehnjährige sexuell missbraucht haben soll. Dabei schildert die Zeitung ausführlich intime Details des mutmaßlichen Tatgeschehens. - Die Opferbeauftragte der Sächsischen Staatsregierung beschwert sich beim Presserat über die detaillierte Darstellung sexueller Gewalt. Die Art und Weise der Berichterstattung gehe über das öffentliche Informationsinteresse hinaus. - Die Zeitung entgegnet, sie habe die Betroffenen anonymisiert, um die Anforderungen des Pressekodex zum Opferschutz zu wahren. Die Redaktion habe aber den Artikel nachträglich online an sämtlichen kritisierten Stellen geändert, nachdem sich die Opferbeauftragte gemeldet habe. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge gegen die Zeitung aus. Denn die detaillierte Darstellung des Missbrauchs geht über das öffentliche Interesse an dem Geschehen hinaus und überschreitet die Grenze zu einer unangemessen sensationellen Berichterstattung nach Pressekodex-Ziffer 11. Die Schilderung der vorgeworfenen Taten wäre auch abstrakter möglich gewesen. Durch die detaillierte Darstellung droht den beiden Opfern nun eine dauerhafte Stigmatisierung in ihrem sozialen Umfeld.