Zeitung missachtet den Opferschutz
Name und Foto der Ermordeten hätten nicht veröffentlicht werden dürfen
„Mann hält Frau an Haaren aus dem Fenster… und lässt sie in den Tod stürzen“ - unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Mord. Dazu veröffentlicht die Redaktion ein Foto, auf dem die Frau aus dem Fenster eines Wohnblocks hängt und offensichtlich an den Haaren festgehalten wird. Die Beschwerdeführerin in diesem Fall arbeitet für die Universität Bremen, Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung. Das Bild und der dazugehörige Artikel verstoßen nach ihrer Meinung eindeutig gegen die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz), da die Zeitung über eine Gewalttat berichte und diese zeige. Zudem sei der Artikel auf Smartphone als Push-Nachricht verbreitet worden. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, auch nach mehrfacher Betrachtung des Fotos und der nochmaligen Lektüre des Textes könne sie keinen Verstoß gegen den Pressekodex feststellen. Ähnlich wie bei der weltweiten Berichterstattung über den 11. September 2001 meint der Chefredakteur, dass es nicht unethisch sein könne, wenn die Presse Opfer zeige, die aus Hochhausfenstern in die Tiefe stürzen oder als Opfer von Straftaten herabfallen. Die Redaktion habe sich für die Veröffentlichung des fraglichen Fotos entschieden, weil sie meine, dass nur ein Bild diesen unfassbaren Fall dokumentieren und belegbar machen könne. Zweifellos bestehe an der Tat ein öffentliches Berichterstattungsinteresse. Auf dem Bild sei das Opfer nur schemenhaft zu erkennen. Im Übrigen habe die Redaktion das Foto inzwischen aus dem Beitrag entfernt.