In Zeiten der „Lügenpresse-Diskussion“
Leser fordern Redaktionen auf, die Herkunft von Tätern zu nennen
Unter der Überschrift „Streit endet mit Messerstichen“ berichtet eine Regionalzeitung online über eine Gewalttat in einer Großstadt. Drei Männer hätten sich im Bahnhofsviertel mit Messern attackiert. „Fest steht nur, dass einer der Männer plötzlich die Flucht ergriff, aber von seinen Kontrahenten eingeholt und angegriffen wurde“, schreibt die Redaktion. Zwei der Männer bezeichnet sie als Algerier und Marokkaner. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Herkunft der beiden. Dafür gebe es keinen Sachbezug. Nach seiner Ansicht verstößt die Berichterstattung gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Diskriminierungen/Berichterstattung über Straftaten). Der Redaktionsleiter sieht durch die Berichterstattung presseethische Grundsätze nicht berührt. Die Redaktion nenne nicht ethnische oder religiöse Minderheiten, sondern die Herkunftsländer der mutmaßlichen Täter. Diese Nennung stelle aber durchaus einen begründeten Bezug zur Straftat her, da die beiden Männer wegen Fluchtgefahr in der Untersuchungshaft gelandet seien. Der Redaktionsleiter merkt an, dass die Leserschaft die Redaktion seit den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln und anderswo immer vehementer dazu anhalte, die Herkunft der Täter bei jeder Straftat zu nennen. Die Polizei tue das jedenfalls, wenn sie Mitteilungen an die Presse gebe. Dies könne in Zeiten der „Lügenpresse-Diskussion“ nicht schaden.