Woher kam die entscheidende Stimme?
Ramelow-Wahl von 2014 ist auch im Jahr 2020 noch ein Thema
Eine Boulevardzeitung berichtet online über die sechs Jahre zurückliegende Ministerpräsidentenwahl im thüringischen Landtag. Ihren Recherchen zufolge sei Bodo Ramelow nur dank einer AfD-Stimme ins Amt gehoben worden, und zwar mit 46 von 90 Stimmen. Im Artikel kommt ein damaliger AfD-Abgeordneter zu Wort, der angibt, nach Anfrage durch SPD-Politiker seine Stimme für Ramelow abgegeben zu haben. Ein Leser der Zeitung bemängelt, es werde im Beitrag als wahr dargestellt, dass Ramelow mit einer AfD-Stimme zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Tatsächlich habe der Erfurter Landtag 2014 – anders als im Artikel dargestellt – aus 91 Abgeordneten bestanden. Rot-Rot-Grün habe mit 46 Abgeordneten die absolute Mehrheit gehabt. Ramelow sei im zweiten Wahlgang mit 46 Stimmen gewählt worden. Eine Stimme sei ungültig gewesen. Es habe eine Enthaltung gegeben. Es sei also sehr wahrscheinlich, dass die erforderlichen 46 Stimmen alle aus der rot-rot-grünen Fraktion gekommen seien. Zumindest sollte diese Möglichkeit in dem Beitrag genannt werden. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, der Beitrag mache für jeden Leser erkennbar, dass es der Abgeordnete selbst gewesen sei, der die Zeitung darüber informiert habe, dass im Jahr 2014 namhafte SPD-Politiker auf ihn mit der Frage zugekommen seien, ob er Bodo Ramelow seine Stimme geben könne. Der Abgeordnete gegenüber der Redaktion: „Das habe ich dann auch getan“. Dass es eventuell aber auch ganz anders gewesen sein kann, habe die Redaktion gegen Ende des Beitrages ebenfalls deutlich gemacht, in dem man Bodo Ramelow wie folgt zitiert habe: „Das kann ich mir nicht vorstellen!“ Die Rechtsabteilung: Wieso es auf einmal presseunethisch sein solle, dass Medien Darstellungen von selbst und unmittelbar an einem zeitgeschichtlich bedeutsamen Geschehen Beteiligten zitieren, sei für sie nicht ersichtlich.