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Eine goldene Nase mit Pässen verdient?

Zeitung berichtet über „Randale“ in Münchner Flüchtlingsunterkünften

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht den Beitrag „Insiderin packt aus – Nur ein Bruchteil sind wirklich ukrainische Flüchtlinge“. Darin wird über „Randale“ in einer Münchner Flüchtlingsunterkunft berichtet. Eine Polizistin wird mit diesen Worten zitiert: „Nur ein Bruchteil sind wirklich ukrainische Flüchtlinge“. Unter ihnen seien auch Großfamilien, die den Sinti und Roma zugeordnet würden. Sie hätten nagelneue ukrainische Pässe. Da verdiene sich jemand in der Ukraine eine goldene Nase. Die Zeitung berichtet weiter: „Dolmetscher würden auch merken, dass nicht alle Flüchtlinge aus der Ukraine wirklich ukrainisch sprechen“. Es gebe unter ihnen Familien, die mit einander auf Romanes, der Sprache der Roma, kommunizierten. Die gleiche Zeitung veröffentlicht wenig später einen Bericht unter der Überschrift „Polizeieinsatz in München – Randale-Flüchtlinge lehnten Turnhalle als Unterkunft ab“. Sie berichtet über den Polizeieinsatz in einer Flüchtlings-unterkunft, bei der 50 Personen auf Sicherheitskräfte losgegangen seien. Der Presserat erhält in diesem Fall mehrere Beschwerden. Eine davon kommt vom Europäischen Zentrum für Antiziganismus. Darin wird der Zeitung vorgeworfen, gegen eine ganze Reihe von presseethischen Grundsätzen verstoßen zu haben. Der Artikel reproduziere und stärke auf schlimmste Art den gesellschaftlichen Antiziganismus. Es ist die Rede von Volksverhetzung. Er Beschwerdeführer kritisiert, dass die Zeitung zuvor den Begriff „Zigeuner-Großfamilien“ verwendet habe. Dieser sei jedoch mittlerweile geändert worden. Einer der Beschwerdeführer kritisiert eine ausdrückliche Hervorhebung der Minderheitenzugehörigkeit der Geflüchteten. Dies sei für das Verständnis des berichten Sachverhalts nicht erforderlich und verstoße gegen die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Die Rechtsvertretung des Verlages weist die Beschwerden als unbegründet zurück. Die Stadt München habe sich einer Situation gegenübergesehen, auf die sie nicht vorbereitet gewesen sei. Viele der Dauer-Bewohner in der Flüchtlingsunterkunft gehörten den Gruppen von Sinti und Roma an. Der Hinweis darauf habe sich vor allem auf die daraus folgenden Sprachprobleme bezogen. Die von der Stadt eingesetzten Dolmetscher sprächen ukrainisch und russisch, viele der dort lebenden Mitglieder von Großfamilien dagegen nicht.