Das Kind aus dem Leib geschnitten
Boulevardzeitung veröffentlicht den verzweifelten Notruf des Opfers
„Schrecklicher Notruf: Sie hat mich aufgeschnitten“- unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über den aus den USA stammenden Mitschnitts eines Notrufs. In dem original wiedergegebenen Mitschnitt berichtet die Anruferin, dass sie schwanger sei und eine ihr unbekannte weibliche Person ihr den Bauch aufgeschnitten habe. Während des Gesprächs droht das Opfer mehrfach das Bewusstsein zu verlieren. Sie wird von der Notrufmitarbeiterin aufgefordert, den Tathergang und ihren Zustand zu beschreiben. Sie nennt ihren Vornamen, ihr Alter und ihre Adresse. Sie beschreibt ihre Verletzungen. Der Mitschnitt endet mit dem Eintreffen der Rettungskräfte. Die Zeitung illustriert ihren Bericht mit einem Porträtfoto der Anruferin. Ein Leser der Zeitung ist der Beschwerdeführer. Er sieht in dem Bericht und dem Mitschnitt des Notrufs Verletzungen der Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung). Die Wiedergabe der mit Stöhnen und Leid unterlegten Originalaufzeichnung des Notrufs einer lebensgefährlich verletzten Frau, der gerade das Kind aus dem Leib geschnitten worden sei, habe keinerlei Relevanz für den Bericht über das Verbrechen. Hier gehe es um Sensationssucht durch die Veröffentlichung der Stimme des Opfers. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Veröffentlichung des Notruf-Mitschnitts habe der Veranschaulichung eines ungewöhnlichen Verbrechens gedient, das weltweit Aufsehen erregt habe. Die Redaktion habe den Mitschnitt von amerikanischen Medien übernommen, wo es üblich sei, spektakuläre Mitschnitte von Notrufen zu veröffentlichen. Der vorliegende Mitschnitt diene der Dokumentation des besonnenen Vorgehens der Rettungskräfte. Die Beamtin, die den Anruf entgegengenommen habe, sei später offiziell ausgezeichnet worden. Der Notruf zeige, welchen tragischen Situationen die Mitarbeiter ausgesetzt seien. Das Opfer habe sich für deren Einsatz bedankt und sei damit einverstanden gewesen, dass der Mitschnitt veröffentlicht worden sei und ihre persönlichen Daten genannt würden.