MdB-E-Mail landet beim falschen Empfänger
Abgeordnete agiert gegen Zeitung wegen nicht gedruckter Kolumne
Der Redaktion einer Regionalzeitung wird eine Kolumne zugeschickt. Autorin ist die örtliche Bundestagsabgeordnete. Weil sie sich nicht an die vereinbarten Spielregeln hält, verzichtet die Zeitung auf den Abdruck. Das verdrießt die Parlamentarierin. Sie schickt eine Mail an einen ihrer Mitarbeiter und macht ihrem Ärger über die Zeitung Luft. Sie schreibt: „Wahrscheinlich finden die sich jetzt richtig toll… Das ist schon frech, was die sich so leisten. Wir müssen wirklich eine Strategie ausarbeiten, wie wir denen einen Strich durch die Rechnung machen können.“ Weiter teilt sie mit, dass sie sich am kommenden Tag mit dem Vertreter eines anderen Mediums treffen werde. „Dann schauen wir mal, ob wir Ideen haben.“ Die Mail erreicht nicht – wie eigentlich beabsichtigt – den Mitarbeiter, sondern landet versehentlich bei der Zeitung. Diese veröffentlicht die nicht für sie bestimmte Mitteilung, um so das Medien- und Demokratieverständnis der Abgeordneten öffentlich zu machen. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Einer von ihnen sieht durch die Veröffentlichung der fehlgeleiteten Mitteilung die informationelle Selbstbestimmung der Abgeordneten verletzt. Ein anderer kritisiert, dass die Zeitung die umgehende Bitte der Abgeordneten missachtet habe, die Mail nicht zu veröffentlichen. Ein weiterer Beschwerdeführer hält es für unlauter, ein privates Schreiben zu veröffentlichen und die Parlamentarierin somit vorzuführen. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält dagegen, dass die Abgeordnete die E-Mail als Bundestagsabgeordnete geschrieben und mit ihrem Namen und dem Zusatz „MdB“ versehen habe. Ihr Verhalten und ihre schriftliche Äußerung seien deshalb von öffentlichem Interesse. In der fraglichen E-Mail gehe es darum, wie man der Zeitung und damit etwa 500 Beschäftigten Schaden zufügen könne.