Terroropfer unverpixelt im Bild gezeigt
Deren Identität ist für das Verständnis des Tathergangs unerheblich
Die Terroranschläge in Brüssel sind Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Überschrift: „Bomben-Terror in Brüssel – alle Fotos, alle Videos“. Der Beitrag ist mit Fotos von den Anschlagsorten bebildert. Zu sehen sind auch mehrere Opfer der Anschläge, darunter ein auf dem Rücken liegender verletzter Mann, zwei Frauen auf einer Sitzbank im Flughafen, ein Mann neben einer Blutlache, eine Frau, die sich blutüberströmt ein Taschentuch vors Gesicht hält, und eine weitere Frau, die auf einem Tragestuhl in einen Krankenwagen gebracht wird. Mehrere Leser der Zeitung sehen presseethische Grundsätze verletzt und wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Insbesondere sehen sie Ziffer 8, Richtlinie 8.2, (Persönlichkeitsrechte/Opferschutz) verletzt. Der Zeitung gehe es offensichtlich in erster Linie um möglichst viele Klicks und Effekthascherei. Betroffene würden ohne Verfremdung abgebildet. Die Rechte der Opfer würden mit Füßen getreten. Eine Bebilderung in diesem Ausmaß diene nicht der Berichterstattung, sondern lediglich der Befriedigung der Sensationslust der Leser. Dem widerspricht die Rechtsabteilung der Zeitung. Die Redaktion habe einen der bedeutendsten und aufsehenerregendsten Terroranschläge, der während der letzten Jahrzehnte in Europa verübt worden sei, thematisiert. Die Abwägung zwischen den Anonymitätsbelangen der Betroffenen und dem öffentlichen Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit sei eindeutig zugunsten des Informationsinteresses der Leser ausgegangen. Die Situation vor Ort, die Panik, das Schadensausmaß und vor allem die vielen Toten und Verletzten spielten dabei eine erhebliche Rolle. Die Fotos – so die Rechtsabteilung – stünden auch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den verübten Terroranschlägen. Sie seien deshalb zeitgeschichtliche, die Öffentlichkeit in hohem Maße berührende Zeugnisse. Im Übrigen verletzten die Fotos nicht die Ehre der Betroffenen.