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„Nachahmungstaten werden herausgefordert“

Kritik an einer Zeitung wegen Suizid-„Handlungsvorschlags“

Eine Großstadtzeitung berichtet online über die Selbsttötung eines jungen Mannes während der Pandemie. Die Überschrift lautet: „Daniel lebt nicht mehr: Treibt die Pandemie Menschen in den Suizid?“ Eine Leserin wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Es gebe eine Regel, im Allgemeinen nicht über Suizide zu berichten, um Nachahmung zu vermeiden. Sie spricht dabei vom sogenannten Werther-Effekt. Die Kurzfassung auf Facebook sei eine klare Sensationsmache mit dem Suizid eines jungen Mannes und für psychisch kranke Menschen eine ganz eindeutige Einladung zur Nachahmung. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen nach ihrer Ansicht klaren Handlungsvorschlag durch die Redaktion. Diese schreibe, der junge Mann habe sich auf die Gleise gelegt, anstatt sich morgens an den Dienst-Laptop zu setzen. Suizid werde von der Zeitung als Ausweg dargestellt, wenn einem die pandemiebedingten Belastungen zu groß würden. Die auf Facebook veröffentlichte Kurzfassung sei eine leichtfertige Vereinfachung der Umstände, die zu einem Suizid führten. Nachahmungstaten würden durch diese Art der Berichterstattung geradezu herausgefordert. Die Redaktion scheine sich nicht bewusst zu sein, was solche Artikel in Menschen auslösen könnten, die unter Depressionen litten oder aus anderen Gründen zu einem Suizid neigten. Die Beschwerdeführerin meint, dieser Artikel könne lebensgefährlich sein. Die Redaktion gibt keine Stellungnahme ab.