„Details aus der Krankenakte“
Überschrift in einer Boulevardzeitung führt die Leser in die Irre
Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung über den Co-Piloten von Germanwings, der 149 Menschen und sich selbst tötete, als er die Maschine des Fluges 4U9525 absichtlich an einem Berghang zerschellen ließ. Die Redaktion fragt in Anreißern, was in der geheimen Krankenakte des „Amok-Piloten“ steht. Folgt man online diesem Anreißer bzw. blättert man zum Bericht im Innern der gedruckten Ausgabe, gelangt man zu einem Artikel, dem diverse Informationen zur Person des Co-Piloten zu entnehmen sind. Online kündigt der Anreißer Details aus der Krankenakte an. Mit Berufung auf Lufthansa-Kreise schildert die Redaktion, dass der Pilot seine Flugausbildung mehrmals unterbrochen habe und zeitweise als fluguntauglich gelistet gewesen sei. Auf psychische Probleme weise auch ein so genannter „SIC“-Vermerk in seiner Akte beim Luftfahrtbundesamt hin. Die Abkürzung stehe für „besondere, regelhafte medizinische Untersuchung“. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Beiträge. Die Leser würden damit gelockt, dass sie im Artikel Informationen über die Krankheiten des Piloten erhielten, deren Veröffentlichung gegen die Persönlichkeitsrechte des Mannes verstoße. Ethische Grundregeln würden dadurch verletzt, dass die Zeitung online Artikel hinter einer Paywall verkaufen wolle. Ein Beschwerdeführer merkt an, die medizinischen Akten könnten der Zeitung gar nicht vorliegen, da sich jeder Mediziner mit der Herausgabe strafbar machen würde. Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sei das oberste Gebot der Presse. Eben diesem Auftrag habe die nunmehr kritisierte Berichterstattung gedient. Der Co-Pilot sei der flugmedizinischen Überwachung durch das Luftfahrtbundesamt unterlegen gewesen. Diesem hätten die Flugärzte ihre Diagnosen mitteilen müssen. Insofern seien die Informationen über die Erkrankung des Co-Piloten nicht der Intimsphäre zuzurechnen. Die Zeitung betont, keineswegs die Krankenakte des Co-Piloten veröffentlicht zu haben. Die Überschrift in den Anreißern werfe zwar die berechtigte Frage auf, was in den Krankenakte des Mannes stehe. Die Antwort im Text beschränke sich aber auf den Hinweis auf „psychische Probleme“. Weitere Details enthalte der Beitrag bewusst nicht.