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Homosexuelle als HIV-Infizierte geoutet

Zeitung missachtet Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Eine überregionale Tageszeitung berichtet gedruckt und online über den Prozess gegen ein homosexuelles Paar, das nicht nur ein bekanntes Hotel in Berlin betrieben, sondern auch Rauschmittel verkauft haben soll. Beide seien HIV-infiziert, berichtet die Autorin. Weitere Details aus ihrem Privatleben werden im Beitrag erwähnt, so auch der Umstand, dass jeder der beiden einen Partner wegen einer Aids-Erkrankung verloren habe. Die Berliner Aids-Hilfe tritt in diesem Fall als Beschwerdeführer auf. Sie beschwert sich über das unerlaubte und unautorisierte Outing der beiden Männer als HIV-Positive. Weder die Homosexualität noch die HIV-Infektion seien für die Berichterstattung relevant, so dass neben der zweifachen Verletzung der Persönlichkeitsrechte die Berichterstattung auch tendenziös sei. Sie bediene das alte Klischee von „Drogen + schwul = HIV“. Der Bericht habe für die beiden Männer schwerwiegende Folgen. Sie hätten sich im geschlossenen Vollzug befunden und hätten somit keinen Zugang zu Tageszeitungen oder Online-Medien gehabt. Sie befänden sich seit Mitte 2017 im offenen Vollzug. Die vorliegende HIV-Infektion sei öffentlich nicht bekannt gewesen. Die Kenntnis der Infektion führe seither zu Ausgrenzung, Beschimpfungen und Verunglimpfungen. Die Autorin nimmt auf dem Weg über die Rechtsvertretung der Zeitung Stellung zu der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, dass sie gegen keine Gepflogenheiten der Gerichtsberichterstattung verstoßen habe. Sie habe den Prozess gegen die beiden Männer vor dem Berliner Landgericht verfolgt. Um den Lesern die Beweggründe der beiden Angeklagten näherzubringen, habe sie deren Biographie nachgezeichnet. Zu dieser gehöre für sie die Homosexualität der beiden, denn durch diese hätten sie verstärkten Kontakt zu einer Klientel gehabt, die nach Drogen verlangt habe. Im Übrigen sei die HIV-Erkrankung maßgeblich für die Urteilsfindung gewesen. Die Staatsanwaltschaft habe wegen der Berliner Rekordmenge von 4500 Gramm Crystal Meth und der hohen Gewinne eine Straferwartung von acht Jahren Haft geäußert. Der Richter habe dies deutlich unterboten und ein Urteil über fünf Jahre und drei Monate gesprochen. Begründung: Er habe die gesundheitliche Situation berücksichtigt.