Begriff „Täuschung“ nicht zu beanstanden
Begriff „Täuschung“ nicht zu beanstanden
„Charité-Arzt wirft Merkel Täuschung vor“ so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über den „Corona-Talk bei Maischberger“. Unter dem Zwischentitel „Überraschendste Kritik“ schreibt die Zeitung dann: „Über die Hoffnung der Bundeskanzlerin, die Zeit bis zur Verdopplung der Infektionen von sechs auf zehn Tage zu strecken, urteilt der Epidemiologe kühl: `Diese Zahl ist nicht belastbar. Ich glaube, sie ist in die Welt gesetzt worden, um das Durchhalten zu stimulieren.“ Beschwerdeführer in diesem Fall ist der im Artikel genannte Mediziner, Prof. Dr. Stefan Willich vom Institut für Sozialmedizin, Charité-Universitätsmedizin, Berlin). Der kritisiert, die Zeitung habe sein Foto und seinen Namen sowie seine Funktion benutzt um eine Schlagzeile zu publizieren, die seiner Argumentation in der Sendung widerspreche. Er habe der Bundeskanzlerin keine Täuschung vorgeworfen. Die Schlagzeile sei frei erfunden. Sie sei in hohem Maße rufschädigend und produziere Schaden für die gesamte Charité. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt auf die Beschwerde hin mit, ohne die gesamte Maischberger-Sendung Wort für Wort überprüft zu haben, scheine doch eines festzustehen. Die Bundeskanzlerin habe öffentlich offenbar die Hoffnung geäußert, dass die Corona-Verdopplungszeit von sechs auf zehn Tage gestreckt werden könne. Hierzu habe der Beschwerdeführer in der fraglichen Sendung ebenso unstreitig gesagt. „Diese Zahl ist nicht belastbar. Ich glaube, sie ist in die Welt gesetzt worden, um…“ Den Vorwurf, eine Information sei „in die Welt gesetzt“ worden, könne man als Veröffentlichung einer falschen oder jedenfalls unbewiesenen Information bewerten, mithin als „Täuschung“. Es sei die Freiheit der Presse, Sachverhalte bewertend und meinungsintensiv darstellen zu können. Es sei also abwegig, wenn der Beschwerdeführer von einer „frei erfundenen“ Schlagzeile spreche. Vielmehr lege er mit seiner unbestrittenen Äußerung („Zahl nicht belastbar“, „in die Welt gesetzt“) eine Anknüpfung für den wertenden Begriff „Täuschung“ vor. Das ist nicht nur presserechtlich, sondern auch presseethisch nicht zu beanstanden.