Bezeichnung „Hexe“ ist zulässig
Boulevardzeitung berichtet über einen spektakulären Prozess
„Vierjähriger Junge in Sack erstickt – Urteil gegen Hexe von Hanau gekippt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über den Mordprozess gegen die Sektenführerin Sylvia D. „Dr. Claudia H. (60) soll ihren damals vierjährigen Sohn am 17. August 1988 in einen Sack gesteckt, das hilflose Kind dann der Sektenführerin Silvia Dr. (74), auch bekannt als ´Hexe von Hanau´, überlassen haben. Der Junge namens Jan wurde ohnmächtig und erstickte an seinem Erbrochenen. Erst 2015 wurde der Fall durch Hinweise von Sekten-Aussteigern neu aufgerollt. Bis dahin galt Jans Tod als Unfall.“ Der Bundesgerichtshof hat das 2020 gefällte Mordurteil aufgehoben. Begründung: Die Strafkammer hätte sich eingehender mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob „es sich um eine Tötungshandlung durch aktives Tun oder eine solche durch Unterlassen gehandelt habe.“ Der Beitrag ist mit einem Foto von Sylva D. bebildert, das vor Gericht gemacht wurde. Es zeigt die Frau mit einer Gesichtsmaske. Ferner stellt die Zeitung den Vierjährigen in Form einer Zeichnung dar. Der Beschwerdeführer vermutet Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Er stört sich vor allem an der Bezeichnung von Sylvia D. als „Hexe von Hanau“ und an ihrer Abbildung. Sie sei klar zu erkennen. Die Maske sei für die Anonymisierung nicht ausreichend. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht in ihrer Stellungnahme von einem Missbrauch des Beschwerdeverfahrens. Der Beschwerdeführer sei in der Sekte aktiv und versuche, den Presserat zu instrumentalisieren. Die Rechtsvertretung ist zudem der Auffassung, dass Sylvia D. durch die Darstellung in der Zeitung allenfalls für einen engeren Bekanntenkreis erkennbar sei. Zum Vorwurf „Hexe von Hanau“ habe es bereits eine Entscheidung des Presserats gegeben. Danach dürfe die Frau so bezeichnet werden. Eine die Menschenwürde tangierende „Herabwürdigung“ stelle diese Bezeichnung in diesem konkreten Einzelfall nicht dar.