Meldung in halb-automatischer Rohfassung
Chefredakteur bezeichnet Beschwerden als „Spam-Mails“
Eine Regionalzeitung kommentiert online den Mord an dem Mädchen Susanna F. und titelt „Wie blauäugig sind die Behörden?“ Zwei Beschwerdeführerinnen kritisieren diesen Satz im Kommentar: „Ein pubertierendes Mädchen treibt sich im Umfeld von Heimen mit Jungs herum – so etwas geht nicht immer gut.“ Es sei „widerlich“, dem Opfer die Schuld zu geben. „Victim Blaming“ (sinngemäß für: Das Opfer hat selbst schuld) hätten sich Frauen nach Vergewaltigungen lange genug gefallen lassen müssen. Außerdem impliziere der Text, dass man sich als Frau nicht in der Nähe von Flüchtlingsheimen aufhalten sollte, wodurch wieder mal Flüchtlingen pauschal eine Vergewaltigungskultur vorgeworfen werde. (Anmerkung der Geschäftsstelle des Presserats: Mittlerweile ist der kritisierte Satz aus dem Text gestrichen worden. Die Redaktion merkt unter dem Text an: „In eigener Sache: In einer früheren Version dieses Kommentars war ein Satz enthalten, der so verstanden werden konnte, als trüge das ermordete Mädchen Susanna durch sein Verhalten möglicherweise eine Mitschuld an der Tat. Für diesen nicht beabsichtigten Eindruck bitten wir um Entschuldigung.“ Nach Darstellung des Chefredakteurs gibt es für ihn keine Veranlassung, sich mit den beiden „Spam-Mails“ zu befassen, die der Presserat Beschwerden nenne. Bei der vom Presserat vorgelegten Meldung handele es sich um eine unredigiert halb-automaisch veröffentlichte Rohfassung, die mehreren Medienunternehmen angeboten worden sei. So sei der Beitrag nach wie vor im Netz zu finden, nicht jedoch bei seiner Zeitung, so der Chefredakteur.