Funktionen müssen klar getrennt werden
Ziffer 6 des Pressekodex verbietet nicht grundsätzlich Doppelfunktionen
„Was ist eine Frau bereit zu tun, um eine begehrte Rolle zu bekommen?“ – so überschreibt ein Nachrichtenmagazin ein Interview mit den drei Strafverteidigern von Dieter Wedel im Vorfeld eines möglichen Strafprozesses wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung einer Schauspielerin. Einer der drei ist seit einigen Jahren Kolumnist des Magazins, in dem das Interview erschienen ist. Im Online-Autorenprofil des Magazins heißt es, der Kolumnist und Verteidiger lasse seine Tätigkeit als Autor des Magazins ruhen. Die vorerst letzte Kolumne ist nach dem nunmehr beanstandeten Beitrag erschienen. Die Redaktion merkt an, sie danke dem Kolumnisten für seine Texte. Sie freue sich, dass er als gelegentlicher Gastautor dem Magazin verbunden bleibe. Ein Leser des Magazins kritisiert, das Interview mit dem Kolumnisten stelle einen Verstoß gegen Ziffer 6 des Pressekodex dar. Darin geht es darum, dass bei Doppelfunktionen alle Beteiligten auf strikte Trennung dieser Funktionen achten müssen. Dies sei in diesem Fall nicht geschehen. Der Strafverteidiger sei langjähriger Kolumnist des Magazins mit dem Schwerpunkt rechtlicher Themen. In diesem Fall werde er selbst vom Magazin interviewt in seiner Eigenschaft als Strafverteidiger von Dieter Wedel. Ein Mitarbeiter des Magazins werde also zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Das sei eine Doppelfunktion, die von der Redaktion besser vermieden worden wäre. Die Redaktion widerspricht der Beschwerde. Ziffer 6 des Kodex verbiete nicht Doppeltätigkeiten, sondern gebiete lediglich deren strikte Trennung.