Verunglückten mit unverfremdeten Bild gezeigt
Zeitung missachtet den Persönlichkeitsschutz eines Tourengehers
Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein Tourengeher nach vier Monaten im Eis begraben aufgefunden worden sei. Es geht um einen 42-Jährigen, der seit einer Skitour vermisst war. Auf einem beigestellten Foto ist der Mann unverpixelt zu sehen. Bildunterschrift: „Stefan H. (42) war begeisterter Sportler. Gestern fanden Suchtrupps seine Leiche an einem Hang der Pleisenspitze.“ Die Eltern des Verunglückten wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat, weil die Zeitung nunmehr mit einem unverfremdeten Foto über die Bergung ihres Sohnes berichte. In einer früheren Ausgabe sei das Foto kleiner und verpixelt veröffentlicht worden. Der Abdruck des unverfremdeten Bildes sei weder von ihrer Schwiegertochter noch von ihnen autorisiert worden. Der verantwortliche Reporter habe ihnen – den Eltern – nach Rücksprache mit der Rechtsabteilung der Zeitung gesagt, der Abdruck des Fotos sei aus drei Gründen gerechtfertigt. 1. Es liege im öffentlichen Interesse; 2. Der Mann habe selbst die Öffentlichkeit gesucht, in dem er Skitouren im Internet beschrieben habe; 3. Er sei eine Person der Zeitgeschichte. Der Chefredakteur der Zeitung bedauert, dass das Ehepaar – zusätzlich zum Leid durch den Tod des Sohnes – durch die Berichterstattung verärgert worden sei. Allerdings gehörten auch solche Ereignisse zum Zeitgeschehen. Die Öffentlichkeit habe ein großes Interesse, darüber informiert zu werden. Die Redaktion sei auch jetzt noch davon überzeugt, dass es presseethisch zulässig war, das Bild des Verunglückten unverfremdet zu zeigen. Es sei zu beachten, dass die Redaktion kein sensationsheischendes Bild veröffentlicht habe, sondern eine neutrale Porträtaufnahme. Auch der begleitende Text sei sehr respektvoll und anteilnehmend geschrieben worden. Der Chefredakteur ist nach wie vor der Ansicht, dass es zulässig war, das Foto des Verstorbenen unverpixelt zu zeigen.