Und wieder mal ein Flickenteppich
Beschwerdeführer vermisst in einem Artikel die Quellenangaben
„Neue Freiheit, alter Jammer“ – so überschreibt eine überregionale Tageszeitung online einen mit Namen gezeichneten Kommentar. Der Autor kritisiert, dass Deutschland trotz steigender Impfquote schlecht auf die Rückkehr zur Normalität vorbereitet sei. Es blieben die alten Reaktionsmuster: Wieder einmal seien die Bundesländer vorgeprescht, so dass erneut ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regeln entstanden sei. Es sei erstaunlich, dass im Laufe der Corona-Krise die politischen Akteure in Deutschland nicht gelernt hätten, sich auf absehbare Entwicklungen vorzubereiten - so der Autor. Es sei absehbar gewesen, dass mit fortschreitendem Impftempo auch die Frage aufkommen werde, ob die Grundrechte für alle Geimpften weiter eingeschränkt bleiben dürften. Juristisch sei die Sache klar, dazu gebe es schon Gerichtsentscheidungen und in Karlsruhe stünden weitere Entscheidungen an. Spätestens dann sei die Politik zum Handeln gezwungen. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung - sieht durch den Beitrag die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Ihm sei aufgefallen, dass zahlreiche Autoren von Meinungsbeiträgen keine Quellen angäben. Das sei auch hier der Fall. Er stört sich etwa an der Formulierung „Juristisch ist die Sache klar“ und fragt, inwieweit die Sache juristisch klar sei. Der Leser nennt ein weiteres Beispiel. “Zu den ethischen Fragen gibt es inzwischen viele Stellungnahmen, aus denen mehrheitlich ein klares Votum für die rasche Rückkehr zu den Freiheitsrechten erkennbar ist.“ Der Konzernbereich Recht nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der kritisierte Beitrag sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen presseethische Grundsätze. Die journalistische Sorgfaltspflicht gebiete, dass Nachrichten und Kommentare oder sonstige Äußerungen, die vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützt sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen sind. Dies umfasse also die Wahrheitspflicht, die Pflicht zur Vollständigkeit sowie unter gewissen Umständen die Pflicht zur rechtlichen Prüfung und die Pflicht zur Anhörung des Betroffenen. Von einem Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht könne - so die Rechtsvertretung – im beanstandeten Beitrag nicht die Rede sein. Die im Beitrag geäußerten Tatsachenbehauptungen seien wahr und belegbar, die Meinungsäußerungen zulässig. Insbesondere in der journalistischen Form des Kommentars sei es nicht üblich, Äußerungen mit Quellenangaben zu versehen. Auch bei rein nachrichtlichen Texten würde dies wohl meistens massiv zu Lasten der Lesbarkeit gehen.