Untersuchungshäftling als „Killer“ bezeichnet
Boulevardzeitung verletzt den Grundsatz der Unschuldsvermutung
In einer Boulevardzeitung erscheint ein Artikel unter der Überschrift „Carolins Mörder im Knast verprügelt“. Es geht um einen in U-Haft sitzenden Mann, dem vorgeworfen wird, eine junge Frau ermordet zu haben. Die Zeitung schreibt, er sei im Gefängnis von Mithäftlingen schwer verprügelt worden und habe dabei drei Zähne verloren. Im Bericht wird der Mann als „Mörder“ und „Killer“ bezeichnet. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Überschrift des Beitrages und die für den Verdächtigen gewählten Bezeichnungen „Mörder“ und „Killer“ vorverurteilend seien. Der Chefredakteur weist diesen Vorwurf zurück. Dafür fehle schon eine Grundvoraussetzung, nämlich die Identifizierbarkeit des Betroffenen. Weder sei sein Name vollständig genannt worden, noch habe die Redaktion ein Bild des Mannes abgedruckt. Aus dem Text gehe eindeutig hervor, dass der Verdächtige nicht bereits wegen Mordes verurteilt worden sei. Gleich im ersten Satz schreibe der Autor, dass der Mann in U-Haft sitze. Damit sei klar, so der Chefredakteur abschließend, dass er lediglich verdächtig sei und zudem ein Haftgrund bestehe.