Dem Redaktionsleiter Parteilichkeit vorgeworfen
Journalist schreibt über eine von ihm selbst moderierte Veranstaltung
Der Leiter der Bezirksredaktion einer Regionalzeitung moderiert – laut Beschwerdeführer „auf ausdrücklichen Wunsch des Bürgermeisters“ - eine Veranstaltung in der Stadt, in der die Redaktion ihren Sitz hat. Es geht um ein schulisches Problem: Eine Grundschule hat zu viele Anmeldungen von Erstklässlern. Über die Veranstaltung berichtet der Moderator und Redaktionsleiter in Print und Online. Zwei Leser der Zeitung halten es für ethisch nicht akzeptabel, wenn der Redaktionsleiter über die Veranstaltung berichte, da er als Moderator im Auftrag des Bürgermeisters „in einer politischen Funktion“ dort agiert habe. Dadurch werde die in Ziffer 6 des Pressekodex geforderte Trennung von Funktionen missachtet. Die Beschwerden enthalten auch Kritik an einer vermeintlich einseitigen Berichterstattung. Zuwenig seien die Anliegen von Eltern berücksichtigt worden. Diese bevorzugten den Unterricht in Containern und lehnten den Transfer mit einem Schulbus-Shuttle zu einer anderen Schule ab. Die Beschwerdeführer erheben auch den Vorwurf, der Redaktionsleiter habe die Diskussion zu Ungunsten der Container-Lösung geleitet. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass der Beitrag des Redaktionsleiters objektiv und ausgewogen über die Diskussion informiere. Er sei weder tendenziös verfasst noch erzeuge er ein falsches Bild in der Öffentlichkeit. Die Diskussionsleitung habe er nicht als Redakteur der Zeitung, sondern als Privatperson übernommen. Im Hinblick auf die in Ziffer 6 des Pressekodex festgehaltene Trennung von Tätigkeiten stellt der Chefredakteur fest, dass dort nicht von einem grundsätzlichen Verbot weiterer Tätigkeiten oder Doppelfunktionen von Journalisten oder Verlegern ausgegangen werde. Nur solche Tätigkeiten seien verboten, die die Glaubwürdigkeit der Presse infrage stellen könnten. Die Funktion des Redaktionsleiters als Moderator sei überparteilich gewesen, so dass der Berichterstattung presseethische Bedenken nicht entgegengestanden hätten.