Pressesprecher nicht als Autor eines Zeitungsartikels kenntlich gemacht
Übliches Kürzel für Mitteilungen der Kirchenpressestelle reicht nicht als Kennzeichnung
Eine Lokalzeitung veröffentlicht ein ausführliches Interview mit dem ältesten Priester des katholischen Bistums zu seiner Person und seiner beruflichen Laufbahn. - Der Beschwerdeführer teilt mit, dass das Interview nicht von einem Redakteur der Zeitung, sondern einem Mitarbeiter der Stabsstelle Medien und Öffentlichkeit der Diözese geführt worden sei. Darüber würden die Leser aber nicht informiert. - Der Chefredakteur teilt mit, das Interview sei mit dem Namen des Pressesprechers sowie dem Kürzel „pde“ abgedruckt worden; dahinter verberge sich die Pressestelle des Bistums. Dieses Kürzel werde immer wieder von der Redaktion verwendet, es sei also eingeführt. Insofern sei das Interview gekennzeichnet. Allerdings habe er die Lokalredaktion darauf hingewiesen, dass sie hier in Zukunft mehr Transparenz walten lassen müsse. Das bloße Kürzel reiche bei einem blattprägenden Artikel wie dem beanstandeten nicht mehr aus. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, weil hier ein schwerer Verstoß gegen Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten) vorliegt. Presseethisch wäre es zwingend erforderlich gewesen, die Leserschaft darüber zu informieren, dass der Autor des Beitrags nicht Mitglied der Redaktion, sondern Pressesprecher ist. Das Kürzel „pde“ ist hier nicht ausreichend, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Leser wissen, was sich dahinter verbirgt. - Der Redaktionsleiter beantragt eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil er eine mildere Maßnahme als eine Rüge für angemessen hält. Die Redaktion nehme ihren Fehler sehr ernst und werde in Zukunft auf eine Kennzeichnung achten. Zu bedenken sei auch, dass es sich bei dem Interview nicht um einen gesellschaftskritischen oder kirchenpolitischen Beitrag handele, der eine interessengeleitete Agenda transportieren könnte, sondern nur um eine „Personality-Geschichte“. - Ein anderer, mit dem Fall bisher nicht befasster Beschwerdeausschuss lehnt den Wiederaufnahmeantrag ab. Er sieht keine neuen Gegebenheiten, die eine wesentlich andere Entscheidung begründen könnten.