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Streit endet mit einem Messerstich

Zeitung veröffentlicht Foto eines blutüberströmten Gewalttat-Opfers

In der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung erscheinen zwei Beiträge, die sich mit einem Streit zwischen mehreren Personen beschäftigen. Dieser gipfelte darin, dass ein Mann niedergestochen wurde. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des blutüberströmten Opfers, dessen Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Drei Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisieren die Veröffentlichung des Fotos. Es verletze die Menschenwürde und den Opferschutz. Zudem sei es unangemessen sensationell. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht den Beschwerdeführern. Die Redaktion habe über ein Verbrechen mitten in einer westdeutschen Großstadt berichtet, bei dem ein Mann in aller Öffentlichkeit niedergestochen worden sei. Die Straftat werde dem Drogenmilieu zugeschrieben und sei an einem sozialen Brennpunkt erfolgt. Es liege nicht nur im Interesse der Einwohner, sondern sei auch Auftrag der Presse, umfassend über die Entwicklungen und drohenden Gefahren an öffentlichen Brennpunkten zu berichten. Außerdem sei das Opfer nicht erkennbar abgebildet worden, da die Redaktion das Foto verpixelt habe. Auch sei der Name des Opfers nicht genannt worden. Man habe bewusst auf eine identifizierende Berichterstattung verzichtet. Im Übrigen – so der Chefredakteur – sei die Berichterstattung auch nicht unangemessen sensationell im Sinne der Ziffer 11 des Pressekodex, denn man dokumentiere schlicht den Ablauf der Tat und ihre Folgen in einer nachrichtlichen Weise. Dies sei unter Beachtung der Menschenwürde und der Ehre des Opfers erfolgt.