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Kleinkind stürzt vom Balkon in den Tod

Boulevardzeitung berichtet mit Foto über schwere Straftat

„Mutter lässt Tochter (3) von Balkon fallen – tot!“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Artikel, in dem sie über einen Vorfall in Russland informiert. Eine 23-jährige Frau soll laut Medienberichten ihre Tochter zur Bestrafung über ein Balkongeländer gehalten haben. Das T-Shirt der Dreijährigen sei gerissen, das kleine Mädchen sei mehrere Meter tief in den Tod gestürzt. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto der Frau, die laut Bildtext zum Zeitpunkt des Unglücks betrunken gewesen sein soll. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter nach Ziffer 8 des Pressekodex. Der Hinweis auf Trunkenheit deute zudem auf eine Schuldunfähigkeit der Frau hin. Die Rechtsabteilung des Verlages gibt die Auffassung der Redaktion wieder. Danach habe an der Berichterstattung ein überwiegendes öffentliches Interesse bestanden, da sich die schwere Straftat in der Öffentlichkeit ereignet habe. Der Grad der angeblichen Alkoholisierung der Frau sei nicht bekannt gewesen. Deshalb habe es keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben, von einer Schuldunfähigkeit auszugehen. Die Rechtsabteilung teilt mit, dass das Foto aus dem Artikel und auch aus dem Archiv entfernt worden sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe das berechtigte öffentliche Interesse das Interesse der Betroffenen überwogen. Bei der Tötung eines Kleinkindes handele es sich immer um eine schwere Straftat, die sich noch dazu aufgrund des Sturzes auf die Straße vor den Augen der Passanten in aller Öffentlichkeit zugetragen habe.