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Ein polemisch zugespitzter Leserbrief

Sarkastischer Kommentar ist von der Meinungsfreiheit gedeckt

AfD-Abgeordnete fahren auf die von Russland annektierte Krim. Dazu veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief. Darin enthalten ist diese Passage: „Bei den Lebensgeschichten dieser Herrschaften darf man sich nicht wundern. Markus Frohnmaier in Rumänien geboren, Robby Schlund mit einer Russlanddeutschen verheiratet, Ulrich Böhme 1994-1997 Versicherungsmakler in der Ukraine, Weißrussland, Russland. Stefan Keuter scheint keine Ostverbindungen zu haben. Waldemar Herdt in Kasachstan geboren und Mitglied des Koordinationszentrums der Russlanddeutschen in der AfD. Vier haben Einwanderungshintergründe. Hetzen gegen Flüchtlinge gehört zum Tagesgeschäft, und jetzt geht es ins Putin-Land. Hervorragende Volksvertreter.“ Ein Leser der Zeitung hält den Leserbrief für volksverhetzend. Er sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex und teilt mit, dass er der Redaktion einen Gegen-Leserbrief geschickt habe, der auch nach mehrmaligen Bemühungen nicht veröffentlicht worden sei. Der Chefredakteur und der Geschäftsführer des Verlages hätten mitgeteilt, sie hätten die Veröffentlichung des Gegen-Leserbriefes abgelehnt, weil es dazu keine Rubrik gebe. Der Chefredakteur hält die Beschwerde für unbegründet. Der Leserbrief, über den sich der Lehrer beschwere, möge polemisch zugespitzt sein, stachele aber nicht zum Rassenhass an. Er beziehe Stellung zur Reise einer Gruppe von AfD-Abgeordneten auf die Krim und erkläre die Sympathie, die diese Gruppe zu Russland und Putin habe, mit der Lebensgeschichte der Reiseteilnehmer. Das sei nicht rassistisch. Es werde im Leserbrief kritisch angemerkt, dass die Reisegruppe trotz ihrer Einwanderungsgeschichte zu der Fraktion gehöre, die im Bundestag nun gegen Flüchtlinge arbeite. Das ironische „Hervorragende Volksvertreter“ sei eine absolut zulässige Kritik. Dass die Redaktion die Reaktion des Beschwerdeführers nicht veröffentlicht habe, liege an dem begrenzten Platz, den sie für Leserbriefe zur Verfügung habe. „Leserbriefe zu Leserbriefen“ würden deshalb nur sehr selten veröffentlicht.