Video zeigt den Terroranschlag von Nizza
Darstellung ist vom überragenden öffentlichen Interesse gedeckt
„Verstörende Aufnahmen – Video bei Facebook“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung das Video eines Augenzeugen des Terroranschlags von Nizza. Es zeigt, wie ein Lkw in eine Menschenmenge rast. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Opfer des Terroranschlags erkennbar dargestellt sind. Dies sei im Hinblick auf die Hinterbliebenen unverantwortlich. Nach Auffassung des Justiziars der Zeitung gibt es an der Berichterstattung nichts zu beanstanden. Das Video thematisiere den Hergang des Anschlags von Nizza vom 14. Juli 2016, bei dem ein Attentäter gezielt in eine Menschenmenge gefahren sei. Dabei habe er 84 Menschen getötet, darunter zehn Kinder und Jugendliche. Mehr als 200 Menschen seien bei dem Mordanschlag verletzt worden. Der Anschlag habe eine Serie islamistisch motivierter Terroranschläge in Europa fortgesetzt. Deshalb sei das öffentliche Informationsinteresse besonders ausgeprägt gewesen. Presseethische Grundsätze seien nicht verletzt worden, so der Justiziar. Für das kritisierte Video sei die Zeitung schon deshalb nicht verantwortlich, weil es nicht von ihr stamme. Sie habe es lediglich geteilt. In der Online-Ausgabe sei das ursprünglich bei Facebook veröffentlichte Video mit einem etwa vier Sekunden langen Vorspann versehen worden: „Achtung, dieses Video enthält drastische Szenen, die schockieren können.“ Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, dass Menschen im Moment ihres Todes identifizierbar dargestellt würden, sei falsch. Der Moment des Aufpralls sei in dem Video nicht zu sehen. Es sei nicht feststellbar, ob es sich bei den gezeigten Personen überhaupt um Anschlagsopfer handele. Der schlingernde Lkw lasse keine eindeutige Schlussfolgerung zu. Niemand werde durch das Video zum bloßen Objekt herabgestuft oder gar bloßgestellt. Es handele sich um einen authentischen Augenzeugenbericht, der den Anschlag in seiner Brutalität nur erahnen lasse. Auch ein Verstoß gegen Richtlinie 8.2 (Opferschutz) liege nicht vor. Die Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeit und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit falle zugunsten des Informationsinteresses aus.