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Redaktion: Opferfoto gehört zur „Geschichte“

Eriträer soll seine Lebensgefährtin mit acht Stichen getötet haben

Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Prozess gegen einen Mann, der seine Lebensgefährtin mit acht Messerstichen getötet haben soll. Die Anklage laute auf heimtückischen Mord. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass der aus Eriträa stammende Angeklagte möglicherweise wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung durchgedreht sei. Eventuell sei er nicht in vollem Umfang schuldfähig. Die Überschrift lautet: „Plötzlich rammte Merhawi (35) ihr das Messer in den Hals“. Aufgemacht ist der Artikel mit einem Familienfoto des späteren Opfers (identifizierbar), des mutmaßlichen Täters (mit Augenbalken) und der einjährigen Tochter (verpixelt). Ein Leser wirft der Redaktion vor, sie zeige das Gesicht des Opfers ohne Anonymisierung. Weder hätten die Angehörigen dieser Art der Berichterstattung zugestimmt noch handele es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens. Als Quelle des Fotos gibt die Redaktion den Begriff „Foto: Repro“ an. Dies ist häufig ein Hinweis darauf, dass der Fotograf ein von Trauernden in der Öffentlichkeit aufgestelltes Foto abfotografiert habe. Das Aufstellen des Fotos, auch wenn es an einem öffentlichen Ort geschehe, sei nicht für die Medienöffentlichkeit bestimmt. Die Überschrift verletze zudem das Gebot der Unschuldsvermutung. Der Presserat erweitert die Beschwerde auf Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Kriminalberichterstattung). Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass kein Einverständnis der Angehörigen zur Bildveröffentlichung vorgelegen habe. Die Redaktion sehe den Fall presseethisch anders als der Beschwerdeführer. Das Bild eines Mordopfers gehöre immer „zur Geschichte“.