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Leserbriefschreiber fühlt sich diffamiert

Chefredaktion stellt den Einsender in die Nähe einer rechten Bewegung

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Geistige Brandstifter“ einen Leserbrief zur Berichterstattung über die Tötung von George Floyd in den USA durch einen Polizisten. Der Leserbriefschreiber kritisiert unter anderem, dass George Floyd darin zum „Engel“ verklärt werde. Er moniert, dass die nach dem Tod folgenden afro-amerikanischen Proteste unkritisch in den deutschen Medien dargestellt würden. Die Zeitung druckt unter dem Leserbrief eine „Anmerkung der Chefredaktion“ ab. Diese schreibt, es gebe keinen Grund den Brief nicht abzudrucken, auch wenn der Inhalt schwer zu ertragen sei und die genannten Fakten nicht stimmten. Die Diktion des Briefes entspreche einer rechten Bewegung in den USA, die von der Politaktivistin Candance Owen entfacht worden sei. Der Leserbriefschreiber wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er hält die Art, wie sein Leserbrief von der Redaktion kommentiert werde, für diffamierend. Er werde von der Zeitung in die Nähe rechtsradikaler Extremisten gerückt. Er kritisiert ferner, dass die Redaktion behaupte, die von ihm genannten Fakten stimmten nicht, ohne anzugeben, welche Fakten angeblich nicht stimmten. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die kühne Behauptung des Leserbriefschreibers, drei der vier in den Gewaltexzess um George Floyd verwickelten Polizisten seien keine Weißen gewesen, sei nachweislich schlicht unzutreffend. Die Behauptung entspreche der Geisteshaltung der rechten Bewegung von Candance Owen in den USA. Das habe die Redaktion in ihrer Anmerkung geschrieben. Die Anmerkung der Chefredaktion stehe im Kontext der gesellschaftspolitischen Debatte um Rassismus und Polizeigewalt und sei von der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt.