Schwertangriff aus der Täterperspektive gezeigt
Boulevardzeitung verstößt gegen mehrere presseethische Grundsätze
Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung über ein Verbrechen in Stuttgart. Überschrift: „Schwert-Mord mitten auf der Straße“. Die Redaktion zeigt ein Foto des mutmaßlichen Täters. Zu sehen ist ein Mann von hinten mit blutbeschmierten Armen und einem erhobenen Schwert in der Hand. Das Foto – es stammt aus einem Handyvideo – wird auch in der Folgeberichterstattung verwendet. Die Redaktion nennt den vollen Namen und die Herkunft des aus Syrien stammenden Flüchtlings. Im weiteren Verlauf der Berichterstattung sind weitere Bildausschnitte des Tathergang-Videos zu sehen. So wird gezeigt, wie eine Zeugin panisch flieht und das verpixelte Opfer blutend am Boden liegt. Dieser Beitrag trägt die Überschrift „Der Mörder kam als Flüchtling zu uns. Er hackte sein Ofer vor den Augen der Tochter zu Tode.“ Zu sehen ist auch ein Porträtfoto des Opfers, das vor der Tat aufgenommen wurde. Die Zeitung nennt das Alter und den Vornamen der Frau. Sie gibt als Quelle „privat“ an. Auf die Veröffentlichung hin wenden sich 21 Leser mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisieren das Foto des mutmaßlichen Täters, das diesen bei der Ausführung seines Schwert-Angriffs zeigt sowie weitere Fotos in der Berichterstattung. Die Darstellung aus der Täterperspektive sei übertrieben sensationell und verstoße gegen den Jugendschutz. Sie sei auch für Kinder und Jugendliche sofort zu sehen. Der Chefredakteur der Zeitung vermag an der Berichterstattung nichts presseethisch Unzulässiges zu erkennen. Die Beschwerden beträfen die Zulässigkeit der Veröffentlichung von täter- und opferbezogenen Informationen sowie der Berichterstattung über ein schweres Verbrechen, das sich in aller Öffentlichkeit ereignet habe. Die Redaktion halte in derartigen Fällen an ihrer regelmäßig vertretenen Auffassung fest, dass die Öffentlichkeit vor allem bei spektakulären Straftaten, die sich im öffentlichen Raum ereigneten, ein besonders Interesse daran habe, von den Medien umfassend und auch personalisierend informiert zu werden. Dies sei ein solcher Fall. Die Abbildung der Leiche sowie die Fotos der Zeugen habe die Redaktion unkenntlich gemacht. Der Täter sei nur von hinten zu sehen. Lediglich ein neutrales, nicht abträgliches Porträtfoto des Opfers sei im Bericht veröffentlicht worden. So viel bzw. wenig Personalisierung müsse presseethisch zulässig sein. Nach Auffassung des Chefredakteurs gehöre die Erwähnung der Nationalität des Täters schlicht zur Nachricht.