Entscheidungen finden

Neben dem Tatverdächtigen auch seine Familienmitglieder identifizierbar gemacht

Fahndungsaufruf mit ausführlichen Angaben über Familienbetrieb des gesuchten Landwirts

Das Onlineportal eines Nachrichtenmagazins informiert ausführlich über die Polizeifahndung nach einem namentlich genannten 42-Jährigen, der eine Jugendliche getötet und eine Erwachsene schwer verletzt haben soll. Unter dem Titel „Mädchen (17) tot, Frau verletzt - was wir über den gesuchten Landwirt wissen“ beschreibt die Redaktion den Gesuchten und erwähnt dabei auch, dass er bereits wegen Gewaltdelikten vorbestraft sei. Etwa die Hälfte des Artikels befasst sich detailliert mit dem Bauernhof, den der Gesuchte offenbar gemeinsam mit seiner Familie betreibt. Dort würden auch Weihnachtsbäume verkauft sowie Weihnachtsmärkte veranstaltet. Die Familienmitglieder werden dabei mit vollem Namen genannt. - Der Beschwerdeführer beanstandet eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes der Familienmitglieder. Sie würden identifizierbar, obwohl kein öffentliches Interesse bestehe, das ihren Persönlichkeitsschutz überwiege. - Die Redaktion erwidert, dass es wegen der Fahndung gerechtfertigt gewesen sei, alle vorliegenden Informationen zu dem Gesuchten zu verbreiten. Es sei nie möglich, im Vorhinein sicher zu beurteilen, welche Einzelheiten für die Fahndung relevant werden könnten. Wenn der Verdächtige beispielsweise gegenüber einem Dritten Angaben zu seinem Beruf oder seinen Familienverhältnissen mache, könne dieser Dritte vielleicht eine Verbindung zum Fahndungsaufruf herstellen und die Fahndung zum Erfolg führen. Dass ein Fahndungsaufruf auch Rückschlüsse auf Familienmitglieder ermögliche, liege in der Natur der Sache und sei unvermeidlich. Die Redaktion habe aber nur solche Fakten mitgeteilt, die ohnehin allgemein öffentlich zugänglich seien. Trotzdem habe die Redaktion die Beschwerde zum Anlass genommen, künftig noch genauer zu überprüfen, ob in solchen Fällen weniger detailliert berichtet werden könne, um Familienmitglieder nicht mehr als nötig zu belasten. Außerdem stehe der Artikel inzwischen nicht mehr online. - Der Beschwerdeausschuss spricht eine öffentliche Rüge aus, weil die Berichterstattung den in Ziffer 8 des Pressekodex festgeschriebenen Schutz der Persönlichkeit verletzt hat. Dass die Redaktion die Namen der Verwandten genannt hat, ist nicht durch ein öffentliches Interesse gedeckt. Wenn Familienangehörige nichts mit dem eigentlichen Gegenstand der Berichterstattung zu tun haben, ist die Nennung ihres Namens in der Regel unzulässig. Eine Ausnahme von dieser Regelung ist im konkreten Fall nicht erkennbar, so dass hier eine deutliche Verletzung des Persönlichkeitsschutzes vorliegt.