Foto der getöteten Familie veröffentlicht
Presserat stellt einen schweren Verstoß gegen den Opferschutz fest
Ein Mann, seine Frau und die gemeinsame Tochter sterben bei einem Verkehrsunfall. Eine Boulevardzeitung berichtet. Der Beitrag enthält ein Foto der Unfallstelle. Es zeigt den zerstörten Pkw der Familie. Das Autokennzeichen ist zu erkennen. Tags darauf berichtet die Zeitung erneut detailliert über den Unfall unter der Überschrift „Ganze Familie stirbt in diesem Auto-Wrack“. Der Artikel enthält zwei Fotos. Eines zeigt erneut die Unfallstelle mit dem zerstörten Wagen. Das Kennzeichen ist diesmal gepixelt. Ein zweites Bild zeigt die Unfallopfer. Es ist mit dieser Bildunterschrift versehen: „Thomas S. (37), Corinna (43) und Tochter Maike (10) starben bei dem Unfall.“ Beschwerdeführer ist einer der Hinterbliebenen der Familie. Die Angehörigen hätten der Veröffentlichung der Fotos nicht zugestimmt. Die drei Verstorbenen seien identifizierbar dargestellt und würden im Bericht mit Vornamen und abgekürzten Nachnamen beschrieben. Das Kfz-Kennzeichen des Wagens, das auf ihn – den Beschwerdeführer – zugelassen sei, sei im ersten Bericht erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer berichtet, dass zwei Reporter der Zeitung am Vortag der ersten Berichterstattung bei ihm und seiner Frau aufgetaucht seien. Sie hätten auch Nachbarn um Stellungnahmen gebeten. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Er halte an der Auffassung fest, dass die Öffentlichkeit vor allem bei spektakulären Geschehnissen, die sich im öffentlichen Raum ereigneten, ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend und durchaus unter Einbeziehung von Einzelschicksalen und gegebenenfalls auch personalisierend informiert zu werden. Ziffer 8 des Pressekodex erlaube ausdrücklich eine identifizierende Berichterstattung bei Sachverhalten von öffentlichem Interesse, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiege. Das sei hier der Fall.