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Keine „Kampagnenberichterstattung“ gegen Minister Aiwanger

Eine überregionale Tageszeitung berichtet online wiederholt über Reaktionen auf die von ihr aufgedeckte Affäre um ein antisemitisches Flugblatt, das vor 35 Jahren in der Schultasche des heutigen bayerischen Wirtschaftsministers und Vize-Regierungschefs Hubert Aiwanger entdeckt worden war. Dabei erwähnt die Zeitung auch, dass nach dem Aufdecken der Affäre der Bruder des Politikers überraschend angab, damals das Flugblatt verfasst zu haben. Außerdem rekapituliert sie, wie sie auf das Flugblatt aufmerksam gemacht worden sei: durch einen ehemaligen Lehrer jenes Gymnasiums, das die Aiwanger-Brüder in den 1980er Jahren besucht hatten. Damals habe der Lehrer das Flugblatt noch als „Jugendsünde“ gesehen. Das habe sich aber spätestens dann geändert, als Aiwanger Mitte 2023 in einer Rede in Erding gefordert habe, dass sich die schweigende Mehrheit „die Demokratie zurückholen“ müsse. Als danach der Direktor des Gymnasiums bei der Abitur-Rede den Wirtschaftsminister namentlich als schlechtes Beispiel für die Demokratie genannt habe, habe der damalige Lehrer den heutigen Direktor über den Flugblatt-Vorfall informiert und sich außerdem an die Zeitung gewandt. Zwei Beschwerdeführer bemängeln hauptsächlich Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht, den Schutz der Ehre und die Unschuldsvermutung. Anders als im Artikel behauptet, habe der Direktor in seiner Abitur-Rede Aiwanger nicht namentlich genannt; so habe er es jedenfalls auf Nachfrage eines Nachrichtenmagazins erklärt. Dieser Magazinbericht lege außerdem den Verdacht nahe, dass der Lehrer schon länger daran gearbeitet habe, Aiwanger zu stürzen. Er arbeite mit SPD-Ortsverbänden zusammen, habe auf SPD-Veranstaltungen Vorträge gehalten und Kontakt zur SPD-Generalsekretärin gehabt. Diese Verbindungen hätten auch von der Zeitung erwähnt werden müssen. Laut einem anderen Medienbericht habe der Lehrer schon seit Jahren im Dorf damit geprahlt, dass er das einzige Exemplar des Flugblatts besitze. Er habe also nicht erst seit Aiwangers Erdinger Rede seine Meinung geändert. Außerdem habe die Zeitung nur von dem Lehrer „vorausgewählte“ Personen befragt und entlastende Aussagen unterdrückt. So habe ein Nachrichtenportal mit mehreren Mitschülern gesprochen, die der Darstellung widersprächen. Diese entlastenden Stimmen hätte auch die Zeitung auffinden können und abbilden müssen. Insgesamt kritisiert einer der Beschwerdeführer, dass die Zeitung kurz vor der Landtagswahl einen Angriff mit dünner Beweislage geführt habe. Aiwanger sei zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen, und die Schule sei ein geschützter Raum. Der Hauptbelastungszeuge (der damalige Lehrer) verfolge offensichtlich eine eigene Agenda. Aufgabe von Journalisten sei es, eine demokratische Wahl vor Einflussnahme und Manipulation zu schützen. Das sei der Redaktion hier absolut nicht gelungen. Nach Ansicht des zweiten Beschwerdeführers behauptet die Redaktion, dass Aiwanger den Text verfasst habe. Es sei aber sein Bruder gewesen. Die Berichterstattung sei zutiefst rufschädigend und der Versuch einer Wahlbeeinflussung. Die Zeitung erwidert, sie habe nicht behauptet, dass Hubert Aiwanger das Flugblatt verfasst und/oder verbreitet habe, sondern habe lediglich über einen solchen Verdacht berichtet.