Ermordete als „Spaß für Querdenker“
Chefredakteur bedauert Veröffentlichung und stimmt Beschwerden zu
Unter der Überschrift „Spaß für Kreuz- und Querdenker“ veröffentlicht eine Regionalzeitung ein Sommerrätsel. Angerissen mit der Zeile „Der Mord an Gabriele Z. – eine Stadt im Schock“ rekapituliert die Zeitung den Tod einer Studentin. Sie sei 20 Jahre alt, hübsch, strebsam und ein wenig scheu und trotzdem so mutig gewesen, ins Ausland zu gehen. Sie sei - wohl eher zufällig – Opfer einer Straftat geworden. Ein bulgarischer Arbeiter habe sie erdrosselt, sich an ihr vergangen und sie ausgeraubt. Das Urteil im folgenden Prozess: Lebenslang. Das Gericht habe die besondere Schwere der Schuld festgestellt und Sicherheitsverwahrung angeordnet. Die Redaktion stellt die Rätselfrage: „Aus welchem Land stammt die 20-jährige Studentin?“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Ohne jeglichen Anlass werde das Opfer für Schlagzeilen und Auflage missbraucht und das in schändlichster Weise als „Spaß für Kreuz- und Querdenker“. Eine zusätzliche Geschmacklosigkeit sei der Abdruck eines Fotos der ermordeten Studentin. Die Totenruhe des Opfers werde von der Zeitung gestört, seine Persönlichkeitsrechte massiv verletzt. Die Einbindung des Mord- und Vergewaltigungsopfers in ein Kreuzworträtsel sei blanker Hohn und eine unzulässige Verharmlosung des furchtbaren Verbrechens. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung bestehe nicht. Die Art und Weise der Darstellung sei scham- und respektlos gegenüber dem Opfer. Der Chefredakteur der Zeitung stimmt den Beschwerdeführern zu. Die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Sommerrätsel hätte nicht geschehen dürfen. Dies sei besonders bedauerlich, als die Redaktion bislang über diesen Fall ausgesprochen sensibel, zurückhaltend und einfühlsam berichtet habe. Umso mehr bedauert der Chefredakteur die Veröffentlichung.