Hetzjagden auf Menschen in Chemnitz?
Chefredakteur einer örtlichen Zeitung spricht von zynischer Debatte
Eine Regionalzeitung überschreibt ihre Online-Berichterstattung in mehreren Fällen mit dem Titel „Menschenjagd in Chemnitz“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass in den entsprechenden Artikeln behauptet werde, es habe in Chemnitz „Hetzjagden auf Ausländer“ gegeben. Dies stelle einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex dar. Der Chefredakteur einer Chemnitzer Zeitung habe im Deutschlandradio erklärt, „Hetzjagden“ hätten seine Reporter nicht beobachtet. Er könne nur mit Abstrichen bejahen, dass überregionale Medien das Geschehen in der Stadt so abgebildet hätten. Es habe nur vereinzelte Angriffe auf Migranten, Polizisten und Linke gegeben. Das habe mit Hetzjagden nichts zu tun gehabt. Den gleichen Standpunkt habe die sächsische Generalstaatsanwaltschaft vertreten. Auch in den Berichten der Chemnitzer Polizei gebe es keine Hinweise auf Hetzjagden. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die beanstandeten Überschriften und Texte würden den aktuellen Stand der Erkenntnisse korrekt und angemessen wiedergeben. Ein Kodex-Verstoß liege deshalb nicht vor. Das Thema habe zu einer breiten Diskussion geführt. Sie habe sich in der zynischen Debatte erschöpft, wie viele Menschen wie lange und wie weit von wieviel anderen Menschen gejagt oder nur verfolgt werden müssen, um von Hetzjagd oder Menschenjagd zu sprechen. Selbstverständlich – so der Chefredakteur – verbiete es sich, bei den Vorgängen in Chemnitz von einem „Pogrom“ zu sprechen. Das habe die Redaktion an keiner Stelle getan. Das Sachsens Ministerpräsident dieses Wort benutze, könne seiner Redaktion nicht angelastet werden. Nicht zuletzt gebiete es ihre journalistische Pflicht, den Berliner Regierungssprecher Seibert korrekt wiederzugeben, wenn er von „Hetzjagd“ spreche.