Ein Kind droht an Aids zu erkranken
Beigestelltes Bild hätte als Symbolfoto gekennzeichnet werden müssen
Eine Großstadtzeitung berichtet online und gedruckt darüber, dass auf einem Spielplatz ein fünfjähriger Junge in eine Spritze getreten sei. Der Redaktion gegenüber spricht die Mutter des Kindes über die Angst, dass ihr Sohn an Aids erkranken könnte. Ob er sich infiziert habe, könne erst in frühestens sechs Wochen festgestellt werden. Per Schnellcheck, so die Mutter, sei festgestellt worden, dass in der Spritze HI-Viren gewesen seien. Die Redaktion zitiert die Aids-Hilfe: „Das Virus ist außerhalb des Körpers nicht lange überlebensfähig, die Ansteckungswahrscheinlichkeit gering. Es müsste sich schon um eine Spritze mit ganz frischem Blut gehandelt haben.“ Die Mutter habe dennoch große Angst. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto von auf dem Boden liegenden Spritzen. Eingeklinkt ist ein Bild des Jungen auf einer Bank. Er hält der Kamera einen nackten Fuß entgegen. Im Printartikel bilden Überschrift und Foto die Titelseite. Der Artikel im Innern des Blattes ist ebenfalls mit dem Foto illustriert. Er trägt die Überschrift „An der Spritze fanden die Ärzte Blut mit HI-Viren.“ Ein Beauftragter der Aids-Hilfe sieht einen Verstoß gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Er stört sich an dem Foto, das offensichtlich drapiert worden sei. Die Anzahl der Spritzen solle drastisch und gefährlich wirken. Der auf dem Bild zu sehende Fußboden sei nicht identisch mit dem des Spielplatzes. Das Foto hätte eindeutig als Symbolfoto gekennzeichnet werden müssen. Die Berichterstattung diskriminiere HIV-positive Menschen, da sie in einen Zusammenhang mit der Erkrankung Aids gestellt würden. Allenfalls sei hier ein Hinweis statthaft, dass eine unbehandelte HIV-Infektion zu Aids führen könne. Weiterhin werde das Bild Drogennutzer gleich Aids gleich Tod assoziiert, das auch Drogen nutzende Menschen diskriminiere. Es habe schließlich keine Aidsgefahr für das Kind gegeben. Die HI-Viren seien angesichts des getrockneten Blutes bereits zerfallen gewesen, als das Kind in die Spritze getreten war. Die Chefredaktion rechtfertigt die Berichterstattung. Da sich erst nach sechs Wochen sicher sagen lasse, ob sich das Kind mit Aids angesteckt habe, sei der Hinweis gerechtfertigt, dass bis dahin die Familie des Jungen Angst vor einer Aidserkrankung habe. Der Beitrag habe in jeder Hinsicht die medizinischen Fakten zutreffend sowie unter Wahrung der gebotenen journalistischen Sorgfalt dargestellt. Auch eine Diskriminierung von HIV-positiven Menschen könne der Redaktion nicht vorgeworfen werden. Der Beschwerdeführer meine, HIV-positive Menschen würden durch den Artikel diskriminiert. Seiner Meinung nach wäre es „völlig ausreichend gewesen, von HIV zu sprechen, ohne Aids zu erwähnen.“ Dem stimme die Chefredaktion nicht zu. Schließlich berichte die Redaktion über die Sorge einer Mutter, dass sich ihr fünfjähriges Kind beim Spielen mit HIV infiziert haben und in Folge der Infektion an Aids erkranken könnte.