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“Unten ohne“ in einem U-Bahnhof unterwegs

Entgegen der Ansicht der Redaktion ist der Mann identifizierbar

„Nackter Mann in Münchner U-Bahn“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung einen Beitrag. Darin wird berichtet, dass ein Mann nur mit einem Hemd bekleidet durch einen Münchner U-Bahnhof gelaufen ist. Auf einem beigestellten Foto ist der Mann – versehen mit einem Augenbalken - zu sehen. Ein Leser der Zeitung teilt dem Presserat mit, dass er den Mann kennt. Er sieht dessen Persönlichkeitsschutz verletzt und kritisiert eine herabwürdigende Darstellung. Die Rechtsabteilung des Blattes sieht keine Verletzung presseethischer Grundsätze. Der Betroffene werde nicht identifizierbar dargestellt. Sein Name werde nicht einmal in abgekürzter Form genannt. Es sei durchgängig nur von „einem Mann“ die Rede. Zudem werde sein Gesicht durch einen breiten Gesichtsbalken anonymisiert. Unabhängig davon wäre auch selbst dann kein Verstoß gegen den Pressekodex gegeben, wenn die Redaktion über den Mann identifizierend berichtet hätte. Es gehe hier um eine Straftat, die sich in der Öffentlichkeit abgespielt habe. Ziffer 8, Richtlinie 8.1, Absatz 2, Satz 3, führe als Regelbeispiel für das Überwiegen des berechtigten Interesses der Öffentlichkeit gegenüber den schutzwürdigen Interessen von Betroffenen das Begehen der Tat in der Öffentlichkeit an.