Ex-Rocker: Zeitung nennt den vollen Namen
Persönlichkeitsrecht eines in der Haft Verstorbenen verletzt
„Erhängt in der Zelle – Ex-Rocker ´Kanone´ ist tot“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um den Suizid eines mutmaßlichen Bankräubers. Der Mann, der als Mitglied einer Rocker-Bande mehrere Banküberfälle begangen haben soll, sei leblos in seiner Zelle in einer Justizvollzugsanstalt im Verbreitungsgebiet der Zeitung aufgefunden worden. Der Text nennt Vornamen und abgekürzten Nachnamen sowie das Alter des Verstorbenen. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto des Mannes, bei dem die Augenpartie von einem schwarzen Balken überdeckt ist. Das Foto stammt offensichtlich aus einem sozialen Netzwerk und enthält in der Unterschrift den vollen Namen und den Spitznamen des Ex-Rockers. Im Text wird der Verstorbene zunächst als „der Verhaftete“,, „der mutmaßliche Bankräuber“ und „der Beschuldigte“ benannt. Dann jedoch – im fünften und im achten Absatz des Beitrages – ist vom „Täter“ die Rede. Eine Leserin der Zeitung kritisiert den Beitrag. Die Zeitung veröffentliche das Foto aus dem sozialen Netzwerk mit dem vollen Namen des mutmaßlichen Bankräubers. Die identifizierende Darstellung sei nicht durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt. Stellenweise werde der Beschuldigte vorverurteilt. Der Mann sei in der Untersuchungshaft gestorben, ohne dass es ein Gerichtsurteil oder ein Geständnis gegeben habe. Dennoch spreche die Zeitung an mehreren Stellen vom „Täter“. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass das beanstandete Foto aus Facebook stamme, wo es in der von der Zeitung wiedergegebenen Form von jedermann jederzeit abgerufen werden könne. Dennoch bedauere die Redaktion ausdrücklich, dass nicht der ursprünglich geplante Bildausschnitt, sondern der mit dem Namen des Beschuldigten abgedruckt worden sei. Den Vorwurf der Vorverurteilung weist der Chefredakteur ebenfalls zurück. Nur zur Vermeidung von Wiederholungen sei an zwei Stellen im Artikel der Begriff „Täter“ verwendet worden. Ansonsten werde der in der Haft verstorbene Mann mehrmals presseethisch korrekt dargestellt.