Asylbewerber unter schwerem Verdacht
Internet-Portal nennt sowohl Nationalität als auch Asylbewerberstatus
„Vergewaltigten Flüchtlinge einen Teenie und filmten die Tat?“ titelt ein Internet-Portal. Im Bericht geht es um Ermittlungen gegen mehrere afghanische Asylbewerber wegen des Verdachts, sich an einem 17-Jährigen vergangen zu haben. In einem Anreißer zu dem Beitrag heißt es: „Ekelhaft! Asylbewerber vergingen sich an einem 17-Jährigen und nahmen die Gräueltat auf Video auf.“ Ein Nutzer des Portals hält den Anreißer (Teaser) für vorverurteilend. Er vertritt auch die Meinung, dass die Hinweise auf die Staatsangehörigkeit und den Asylbewerberstatus der Verdächtigen zum Verständnis des berichteten Vorgangs nicht erforderlich waren. Die Rechtsvertretung des Verlages, der das Internet-Portal betreibt, teilt auf die Beschwerde hin mit, dass die Verdächtigten zu Recht als „Flüchtlinge“ und „afghanische Asylbewerber“ bezeichnet worden seien. In beiden Angaben gehe es nicht um Diskriminierung. Sie seien Bestandteil einer wahrheitsgemäßen, sorgfältigen und umfassenden Berichterstattung, zu der die Presse verpflichtet sei. Der in Richtlinie 12.1 des Pressekodex formulierte Minderheitenschutz werde in der heutigen Zeit durch Verschweigen der Nationalität von Verdächtigen oder Tätern bzw. von deren Asylbewerberstatus gerade verhindert. In Zeiten, in der diese Informationen über das Internet ohne weiteres abrufbar seien, sei es Aufgabe der Presse, Nationalitäten ebenfalls zu nennen, um sich mit den Umständen eines Falles umfassend und wahrheitsgemäß auseinanderzusetzen. Verschweige man die Nationalität, leiste dies nicht nur dem Vertrauensverlust der Presse Vorschub, sondern bestärke die Bevölkerung vielmehr in ihren Vorurteilen gegenüber Menschen anderer Nationalität. Der Presse würde in diesem Fall unterstellt, die Nationalität aus Rücksicht auf ausländische Straftäter bewusst nicht zu nennen. Hinzu komme, dass im vorliegenden Fall der Anlass für die Berichterstattung eine öffentlichkeitswirksame Durchsuchung von Asylbewerberunterkünften durch etwa 30 Polizeibeamte gewesen sei. Die Berichterstattung über diese Durchsuchungen sei sinnvollerweise nur unter dem Hinweis darauf möglich, dass es sich bei den Verdächtigen, in deren Unterkünften die Durchsuchungen stattfanden, um Asylbewerber gehandelt habe. Eine Vorverurteilung liege auch nicht vor. Im Gesamtzusammenhang der Berichterstattung werde klar herausgestellt, dass eine Straftat zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht erwiesen gewesen sei, sondern lediglich ein entsprechender Verdacht vorgelegen habe.