Jugendamt entzieht einer Familie fünf Kinder
Schilderung in der Regionalzeitung lässt auf die Identität schließen
„Kinder morgens mit der Polizei geholt: Familie kämpft um Sorgerecht“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über eine Familie, der das Jugendamt ihre fünf Kinder entzogen hat. Die Redaktion berichtet von vielen Ungereimtheiten bei diesem Fall von „Kindesinobhutnahme“, wie der Vorgang im Beamtendeutsch genannt wird. In der Berichterstattung werden die Eltern mit dem Vornamen und dem abgekürzten Nachnamen genannt. Sie werden im Bild gezeigt. Auch die Vornamen der Kinder werden genannt. Ein Foto zeigt das Haus der Familie. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Personenfotos und den bildlichen Hinweis auf das Wohnhaus. In Kombination mit den sehr persönlichen Inhalten könnte der Artikel für die Kinder gravierende soziale Konsequenzen haben. Die Redaktion habe nicht hinreichend darauf geachtet, die Kinder zu schützen. Zwar hätten, so die Beschwerdeführerin, die Eltern selbst sehr persönliche Familiendetails der Zeitung geschildert, doch greife die Redaktion erheblich in die Privatsphäre der Kinder ein. Vor allem stört sich die Leserin an dieser Passage des Berichts: „Aber eine Sache treibt den Vater zur Verzweiflung: Beim einzigen Treffen mit seinen Kindern am (…) berichtete seine Tochter Maymouna, dass sie nicht schlafen könne, weil ihre jüngere Schwester Mary, vier Jahre alt, nachts „Stöhngeräusche mache und sich in der ´Privatsphäre´ anfasse.“ Für die Beschwerdeführerin erschließt es sich nicht, dass diese Schilderungen von einem öffentlichen Interesse gedeckt sein könnten. Die Redaktion schildere, dass ein Kind angeblich masturbatorische Handlungen an sich vornehme. In einem Städtchen mit 15.000 Einwohnern führe eine solche Schilderung geradezu zwangsläufig zu Gerede. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Autorin des Beitrages die Vorwürfe mit äußerster Diskretion beschrieben habe. Dies sei erforderlich, um die Dringlichkeit und auch die persönliche Betroffenheit zu dokumentieren. Nach dem Erscheinen des Beitrages hätten sich zahlreiche weitere Eltern gemeldet, die ähnliche Erlebnisse und leider auch ähnliche Folgen berichtet hätten. Die Chefredaktion vermag in der Berichterstattung keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze zu erkennen.