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Redaktion gibt keinen Anlass zur Beschwerde

Modalitäten eines Kurzporträts waren bis ins Detail abgesprochen

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel über einen 27-jährigen Mann, mit dem der Autor des Beitrages in den Räumen eines Caritas-Verbandes gesprochen hatte. Dieser beschreibt das Leben des Mannes und dessen Probleme mit Drogen. Es heißt, er werde von der Caritas betreut und habe Aufenthalte in der Psychiatrie hinter sich. Der Artikel ist mit einem Foto des jungen Mannes illustriert. Dessen Eltern wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Ihrem Sohn sei bei dem Gespräch nicht bewusst gewesen, dass der Redakteur über sein Leben und seine Drogenprobleme schreiben wolle. Er sei vielmehr von einem allgemeinen Artikel über die Arbeit der Caritas ausgegangen. Durch die identifizierende Darstellung werde der Integrationsprozess, in dem sich ihr Sohn gerade befinde, erheblich gestört. Zudem sei es falsch – so die Eltern – dass ihr Sohn in der Psychiatrie gewesen sei und von der Caritas betreut werde. Er habe dort lediglich zweimal gefrühstückt. Der Chef vom Dienst der Zeitung berichtet, dass sein Blatt in der Adventszeit 2016 in Zusammenarbeit mit drei sozialen Hilfsorganisationen eine kleine Serie mit dem Titel „Die Abgehängten“ veröffentlicht habe. Die Beiträge hätten darauf aufmerksam machen sollen, dass in der Vorweihnachtszeit nicht alle Menschen mit Geschenken, erfüllter Freizeit und Glück rechnen könnten. Der Kontakt zu den „Abgehängten“ sei dabei durch die jeweilige Organisation hergestellt worden. Vorab seien der Zweck der Reihe und die Vorgehensweise mit den Betroffenen erörtert worden. Das Einverständnis des Gesprächspartners sei immer eingeholt worden. Die Redaktion sei in jedem Fall mit zwei Personen vor Ort gewesen, mit dem Autor und einem Fotografen. Immer sei klar gewesen, dass es im Bericht um den Porträtierten gehe und nicht um die jeweilige Hilfsorganisation. Wenn die Eltern des Porträtierten nun erklären, ihr Sohn sei unter falschen Vorzeichen befragt worden, sei dies eine wissentlich falsche Behauptung. Wenn die Beschwerdeführer zudem behaupteten, einige Angaben im Bericht seien falsch, so stammten sie doch in jedem Fall von dem Porträtierten. Möglicherweise handele es sich um – nachträglich unter Familiendruck – vorgeschobene Schutzbehauptungen. Während des Gesprächs sei jedenfalls nie der Eindruck entstanden, dass der junge Mann lüge, sich in Hirngespinsten verfange oder irgendwelche Rücksichten auf seine Familie nehmen müsse.