Namensnennung bei Kindesmissbrauch
Rechtskräftig verurteilter Täter hatte eine öffentliche Position inne
Eine Regionalzeitung berichtet unter voller Namensnennung über einen Oberinspektor der Berufsfeuerwehr, der wegen Kindesmissbrauchs mit elf Monaten Freiheitsentzug bestraft worden ist, zur Bewährung aber auf freiem Fuß bleibt und nun einem Disziplinarverfahren entgegensieht. Der Betroffene gelte als erfahren und gut in seinem Job. Er sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig verurteilt, erneut in den Vorstand des Kreisfeuerwehrverbandes gewählt worden. Es habe dabei Blumen und Glückwünsche gegeben, aber kein Wort zu seiner erwiesenen Straftat. Die Zeitung befragt die Anwältin des Opfers, den Oberbürgermeister als Dienstherrn des Täters und die geschiedene Ehefrau des Verurteilten zu dem milden Gerichtsurteil, mit dem der Brandschützer weder seinen Beamtenstatus auf Lebenszeit noch seinen Kündigungsschutz verliere. Dennoch habe sich der Oberbürgermeister für ein förmliches Verfahren beim Verwaltungsgericht ausgesprochen, das mit einer Kündigung enden könne. Der Anwalt des Betroffenen reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er beklagt die Namensnennung, sieht die Position seines Mandanten falsch dargestellt und kritisiert Eingriffe in ein laufendes Disziplinarverfahren. Die Chefredaktion der Zeitung betont, der Beschwerdeführer sei nach ausdrücklicher Bestätigung durch den Pressesprecher der Stadt bis zum Bekanntwerden des Gerichtsurteils als stellvertretender Amtsleiter tätig gewesen und deshalb als eine relative Person der Zeitgeschichte anzusehen. Erst auf Grund der Recherche der Zeitung und der Veröffentlichung habe der Oberbürgermeister von der Verurteilung seines Brandschützers erfahren und den Beschwerdeführer seines Postens enthoben. Die Zeitung ist der Ansicht, dass über den Vorgang berichtet werden durfte, da er von öffentlichem Interesse ist. Der Beschwerdeführer sei nun einmal Chef der Berufsfeuerwehr der Stadt gewesen. In einem Punkt sei die Berichterstattung der Zeitung nicht korrekt gewesen: Der Betroffene sei bei seiner Wiederwahl in den Vorstand des Kreisfeuerwehrverbandes nicht anwesend gewesen. Infolgedessen habe er auch keine Blumen und Glückwünsche bekommen können. Dies ändere jedoch nichts an den anderen Tatsachen. (2001)