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Leserbrief mit unzulässigem Inhalt

Pressekodex gilt auch für die Veröffentlichung von Leserstimmen

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, dessen Verfasser zu antiisraelischen Äußerungen des nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten Jamal Karsli Stellung nimmt. In dem Brief finden sich Sätze wie „Die organisierte Kriminalisierung der Kritik an der Kriegspolitik Israels und der ständigen Einmischung in die innerdeutschen Angelegenheiten durch solche Gesinnungswächter wie Michel Friedman und Paul Spiegel fördern möglicherweise den Antisemitismus“ und „Mit seiner Behauptung ‚Nazimethoden der israelischen Armee‘ hat Jamal Karsli allerdings Unrecht, denn die deutsche Armee hat im Zweiten Weltkrieg nicht gezielt Kinder erschossen“. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat äußert ein Leser des Blattes die Ansicht, dass der Leserbriefschreiber mit diesem Satz zumindest indirekt behaupte, die israelische Armee erschieße im Gegensatz zu deutschen Wehrmacht gezielt Kinder. Den Beweis für diese ungeheuerliche Behauptung bleibe der Verfasser allerdings schuldig. Er wirft der Zeitung vor, den Wahrheitsgehalt der Leseräußerung nicht sorgfältig geprüft zu haben. Nach Richtlinie 2.6 seien auch bei der Veröffentlichung von Leserbriefen die publizistischen Grundsätze zu beachten. Die Chefredaktion der Zeitung entgegnet, die Leserzuschrift stelle eine absolut zulässige Meinungsäußerung dar. Der Beschwerdeführer konstruiere sich eine „Begründung“ zurecht, indem er von einer „zumindest indirekten“ Behauptung spreche. (2002)