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Interview mit Missverständnissen

Texte sollte man gegenlesen und autorisieren

Die Projektleiterin einer Ausstellung über die Kindergärten in der DDR beklagt sich beim Deutschen Presserat über die Passage eines Interviews in einer Tageszeitung, die sie komplett falsch wiedergegeben sieht. Es werde damit der Eindruck erweckt, sie vergleiche ihre Ausstellung inhaltlich mit der Wehrmachtsausstellung. Ihr Anliegen sei vielmehr gewesen, eine Aussage zu den Zeiträumen zwischen Ereignis und Darstellung zu machen. In einem zweiten Artikel werde die Aussage des Interviews sinngemäß wiederholt (“In ihrer Bedeutung für die Geschichtsaufarbeitung verglich sie die Schau mit der Wehrmachtsausstellung.”). Die Chefredaktion des Blattes sieht sich außerstande, den O-Ton des Interviews zu rekonstruieren, da das Tonband inzwischen überspielt worden ist. Die Interviewerin bestätigt, dass das Gespräch nicht in vollem Wortlaut wiedergegeben worden ist, die veröffentlichten Passagen aber wortwörtlich dem Originalprotokoll entnommen worden sind. Der Zusammenhang zwischen ihrer Ausstellung und jener über die Wehrmacht sei unbestreitbar von der Beschwerdeführerin selbst hergestellt worden. Die Chefredaktion ist der Ansicht, dass auch an keiner Stelle der zweiten Veröffentlichung suggeriert werde, dass die Projektleiterin beide Ausstellungen inhaltlich vergleichen wolle. Es gehe vielmehr um einen ganz anderen Aspekt, nämlich die Bedeutung der Geschichtsaufarbeitung. Es sei nicht unüblich, dass Gesprächspartner das Gesagte im nachhinein anders bewerten als im Verlauf des Gesprächs. (1997)