Scientology
Öffentliche Vermutung einer Zugehörigkeit presseethisch nicht zulässig
Zwei Blätter einer Zeitungsgruppe berichten über Gerüchte um einen Hotelbau. Hinter der Firma, welche die Hotelanlage bauen wolle, stecke eine Sekte. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Projekts sei Anwaltskreisen zufolge dem Umfeld von Scientology zuzuordnen. Der Steuerberater und Rechtsbeistand, so der Bericht in einer der Zeitungen, sei dafür bekannt, dass er Gesellschaften erwerbe und weiter veräußere. Der Betroffene wehrt sich gegen diese Unterstellung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er sei weder dafür bekannt, dass er Gesellschaften erwerbe und weiter veräußere, noch sei er Aufsichtsratsvorsitzender der genannten Firma. Zudem sei er nicht dem Umfeld von Scientology zuzuordnen. Die Chefredaktion des einen Blattes weist darauf hin, dass sie nicht den vollen Namen des Betroffenen genannt habe, sondern nur den Vornamen und den Anfangsbuchstaben des Familiennamens, so dass nichteingeweihte Kreise keinerlei Zusammenhang mit dem Beschwerdeführer herstellen könnten. Die Behauptung, der Jurist sei Aufsichtsratsvorsitzender des Projektträgers, belegt die Zeitung mit Unterlagen zum Raumordnungsverfahren, in denen der Beschwerdeführer in entsprechender Funktion namentlich genannt wird. Die Äußerung, er sei dem Umfeld von Scientology zuzuordnen, sei ausdrücklich als Gerücht gekennzeichnet, das in Anwaltskreisen kursiere. Der Hinweis auf Scientology resultiere mit Sicherheit auch aus der Beschreibung des Bauvorhabens in den Unterlagen für das Raumordnungsverfahren. Darin sei von einer Reihe kleinerer Räume mit modernster Technik für Seminare, Fortbildungskurse und Vorträge, von einem Konzertraum sowie von einem Geistigen Zentrum mit Kirche und einigen Meditationsräumen die Rede. Selbstverständlich habe der Autor des Beitrags versucht, den Beschwerdeführer vorab zu befragen. Trotz mehrmaliger telefonischer Bemühungen sei dieser jedoch nicht zu einer Stellungnahme bereit gewesen bzw. habe zugesagte Rückrufe nicht vorgenommen. Die Redaktionsleitung des zweiten Blattes schließt sich der Stellungnahme der Kollegen an. Die Behauptung, der Betroffene handele mit Gesellschaften, sei nicht ehrverletzend. Sie basiere auf Äußerungen einer Anwaltskanzlei. (1998)