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Begriff “Bio”

Keine Umschreibung unbehandelter Möhren, sondern eine Anbauart

Unter der Überschrift “Natur pur” berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Krankheitserreger EHEC. In diesem Zusammenhang heißt es, dass der Trend zur Bio-Kost eine der Ursachen für das Ansteigen der durch die EHEC-Erreger ausgelösten Krankheit sei. Als Quelle für diese Behauptung wird der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums eines deutschen Bundeslandes genannt. Dieser Sprecher soll ferner sinngemäß gesagt haben, dass dabei unbehandelte Lebensmittel wie Bio-Möhren, an denen die Ackerkrume schon aus Imagegründen häufig noch klebe, besonders gefährlich seien, wenn sie nicht gründlich gereinigt würden. Der Bundesverband für organisch-biologischen Landbau erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Wie aus einer Anfrage der Grünen im Landtag des Bundeslandes hervorgehe, habe der zitierte Sprecher des Landwirtschaftsministeriums den Begriff “Bio”, der – so der Beschwerdeführer – durch die EU-Richtlinie 2092/91 gerichtlich geschützt sei, in dem Interview nicht benutzt. Der zuständige Redakteur habe auf Nachfrage angegeben, dass der Begriff “Bio” von ihm eingebracht worden sei. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, die Aussagen des Pressesprechers seien korrekt wiedergegeben worden. Dieser habe den Begriff “Bio-Trend” zur Beschreibung eines Verbraucherverhaltens, das mit der Hoffnung verbunden ist, durch weitgehend naturbelassene Kost gesünder zu leben, benutzt. Wenn sich in dem Artikel die Begriffe “Natur” und “Bio” abwechseln würden, so habe dies für den Leser erkennbar nur stilistische Gründe. Die gedankliche Verbindung zu einer gesetzlich festgelegten Bedeutung des Begriffs “Bio” ergebe sich dabei für den Leser nicht. Überschrift und Schluss des Berichts bildeten die Klammer für die unmissverständlich übermittelte Botschaft, dass der Trend “Natur pur” und “Roh ist schick” gefährlich sei. (1997)