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Fahndung nach einem Mörder

Tätersuche rechtfertigt Details über die Person des Opfers

Ein italienischer Geschäftsmann, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und italienische Haushaltsprodukte vertreibt, wird vor seiner Haustür erschossen. Die Zeitungen am Ort berichten in Wort und Bild über den Vorfall. Eines der Blätter beschreibt den Tatort, zeigt das Haus und nennt den Namen des Opfers. Für Verbindungen zu Mafia-Fällen in der Stadt gebe es bisher keine Hinweise, wird berichtet. “Wir schließen es aber nicht aus”, zitiert die Zeitung den Leiter der Sonderkommission der Polizei. Die Angehörigen des Erschossenen beanstanden in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Namensnennung und Adressenangabe. Zudem sei die Erörterung möglicher Mafia-Verbindungen ehrverletzend, diskriminierend und präjudizierend. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, Name und Adresse des Opfers seien von Polizei und Staatsanwaltschaft aus Fahndungsgründen bewusst der gesamten Presse in der Region bekanntgegeben worden. Auf Nachfrage der Redaktion habe die Polizei mitgeteilt, dass nach ihrer Einschätzung die Tätersuche Vorrang vor den Interessen der Familie habe. (1997)