Rechtsextreme Thesen in Leserbriefen
Eine Tageszeitung veröffentlicht einen Leserbrief, in dem der Holocaust relativiert wird. Wörtlich schreibt der Verfasser: »Aber statt z. B. die unhaltbare Zahl von 6 Millionen ermordeten Juden im Interesse der Wahrheit richtig zu stellen, wird damit weiter operiert und damit eine Gruppe Deutscher (Nationalsozialisten) mit Millionen Morden belastet; die sie nicht begangen hat.« Leser des Blattes schalten den Deutschen Presserat ein. Der Leserbrief weise eindeutig antisemitischen Inhalt auf. Der Autor leugne und verharmlose überdies den Völkermord und erfülle damit den Straftatbestand der »Auschwitz-Lüge«. Unter Zurückweisung der Vorwürfe erklärt die Chefredaktion, dass der inzwischen verstorbene Autor des Leserbriefs ausweislich des Beginns seiner Zuschrift »Kein Mensch in Deutschland bezweifelt, dass in Auschwitz oder wo auch immer furchtbare Verbrechen begangen worden sind«, den Völkermord weder leugne noch verharmlose. Über die Zahl der Opfer des Holocaust sei schon vor längerer Zeit eine Diskussion entstanden, die durch die 50-Jahr-Erinnerungsfeiern anlässlich der Befreiung von Auschwitz im Januar 1945 kulminiert seien. (1995)